Am 12.Februar entscheidet die Stimmbevölkerung über die Unternehmenssteuerreform (USR) III. Weil Steuerprivilegien für Holdings wegfallen, soll die Vorlage den Kantonen Mittel an die Hand geben, diese Firmen durch Steuersenkungen im Land zu halten.
Jüngste Umfragen sehen die Befürworter der USR III vorn. Bei einem Ja hätte eine Branche besonderen Grund zur Freude: die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen (63) stört das. «Bei den Kantonen droht die totale Disharmonie – und Unterschiede in der Umsetzung versprechen den Steuerberatern ein lukratives Geschäft.»
Konzerne würden sich beraten lassen, «in welchem Kanton sie welchen Unternehmensbereich platzieren müssen, um die Steuern auf nahezu null zu senken», warnt sie.
Beat Walti (48), Zürcher FDP-Nationalrat, relativiert. Jede Änderung des Steuerrechts führe zu einem gesteigerten Beratungsbedarf. Und: «Die Firmen können die Instrumente nutzen, müssen aber nicht.» Vielleicht mache es für viele gar keinen Sinn, mit teurer Beratung komplizierte Prozeduren einzuführen, so der Rechtsanwalt.
Tatsache aber ist: PricewaterhouseCoopers (PwC), ein ganz Grosser der Branche, nahm auf die Ausarbeitung der Vorlage Einfluss. Dies berichtete die «Schweiz am Sonntag».
Und bei der Ausarbeitung der USR III waren mindestens drei der sogenannten «Big Four» – die weltweit umsatzstärksten Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY), KPMG, PwC und Deloitte – von Anfang an dabei.
«EY hat sich bei verschiedenen Arbeitsgruppen einbringen können und hat aktiv an der Ausgestaltung der Reform mitgeholfen», präzisiert Rainer Hausmann (55), Steuerexperte von EY Schweiz. Auch KPMG und PwC waren Teil dieser Arbeitsgruppen, wie sie auf Anfrage von SonntagsBlick erklärten. PwC hat verschiedene Wirtschaftsverbände bei deren Stellungnahmen beraten. Nur Deloitte wollte die Frage nicht beantworten.
Auch bei der Abschätzung der Konsequenzen der USR III arbeiteten die Wirtschaftsprüfer mit. Die sogenannte zinsbereinigte Gewinnsteuer, ein besonders umstrittenes Element der Reform, ermöglicht es Firmen, auf ihrem Eigenkapital einen fiktiven Zins von der Steuer abzusetzen. Die Ausfälle werden für Bund und Kantone auf jährlich rund 600 Millionen Franken geschätzt.
Diese Ausfallrechnung nahm nicht etwa die Eidgenössische Steuerverwaltung vor – sondern PwC. Dies räumte der Bundesrat auf eine Anfrage von Kiener Nellen ein. «Staatspolitischer Wahnsinn», kommentiert die Parlamentarierin trocken.
Es überrascht wenig, dass alle vier Beratungsunternehmen klar für ein Ja am 12. Februar sind. Auf Anfrage streiten sie auch nicht ab, dass ihnen die Reform zusätzliche Aufträge bescheren wird.
Ihr Engagement begründen die «Big Four» aber nicht mit Eigeninteressen, sondern mit dem Wohl des Landes. Es gehe «um den Wirtschaftsstandort Schweiz und um den Erhalt der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit», so Peter Uebelhart (47). Der Chef Steuern bei KPMG Schweiz räumt denn auch ein, sich in den Abstimmungskampf einzumischen: «Wir unterstützen die Pro-Kampagne nicht direkt. Aber wir stellen uns bei Bedarf als Fachpartner zur Verfügung.»
Geld, so schreiben die vier Unternehmen übereinstimmend, fliesse jedoch keines.