Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) kämpft für No Billag und gegen die «willkürlichen» Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen, die künftig Private und Unternehmen als «Doppelbesteuerung» zu zahlen hätten. Eine «neue, befreite SRG» brauche die Schweiz.
Hans-Ulrich Bigler (59), SGV-Direktor und Zürcher FDP-Nationalrat, schiesst verbal aus vollem Rohr. Gegen politische Gegner und auch gegen die zuständige Bundesrätin. Medienministerin Doris Leuthard (54) sprach deshalb in einem Interview, das Anfang Woche in mehreren Zeitungen erschien, von einer «persönlichen Fehde», die «Herr Bigler» gegen sie austrage. Bei ihr sind offenbar Erinnerungen wach geworden an die Abstimmung über das Radio- und Fernsehgesetz, das Bigler 2015 mit blutigen Fingern in Mäusefallen zu bodigen versuchte.
Kritik häuft sich
Biglers unzimperliche Kampagnen stehen nicht zum ersten Mal in Kritik, sondern eigentlich immer. Wütend reagieren jeweils nicht nur Gegner des SGV wie etwa 2016 die Grünen, als ihr Nationalrat Bastien Girod (37) vom SGV mit einem Taliban-Terroristen verglichen wurde. Meist stehen auch nicht alle Gewerbeverbandsmitglieder hinter dem Inhalt und der Form der «Brutalokampagnen». So wie jetzt bei No Billag.
Auf Abbruch ausgerichtete Politik
Definitiv den Deckel gelupft hat es CVP-Nationalrat Alois Gmür (62), dessen Schwyzer Gewerbeverband Bigler im Chor mit anderen Kantonalverbänden die Gefolgschaft verweigert. Die Politik des SGV sei nicht mehr konstruktiv, «sondern auf Abbruch ausgerichtet», sagte Gmür in einem Interview mit dem «Bote der Urschweiz». «Es wird gezwängelt wie bei Kindern.»
Schon bei der Abstimmung über das Radio- und TV-Gesetz oder die Atomausstiegs-Initiative wehrte sich Gmür gegen Bigler. Doch nun scheint das Mass beim Bierbrauer definitiv voll zu sein: Das Mitglied der Gewerbekammer, des Parlaments des SGV, überlegt sich den Rücktritt aus dem Verband. Und dies offenbar nicht allein: «Ich bin nicht der Einzige, der nicht mehr zufrieden ist.»
Zu Biglers Kritikern gehören laut Gmür mehrere der insgesamt 250 Branchenverbände und vor allem auch Gewerbler aus CVP-Reihen. Nach dem 4. März werde «definitiv Klartext geredet», kündigt er gegenüber BLICK an.
Vor allem CVPler haben genug
Die Kritik aus CVP-Reihen ist nicht neu. Obschon sie mit dem Walliser CVP-Ständerat Jean-René Fournier (60) den SGV-Vizepräsidenten stellt und mit alt Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger (67) ein Vorstandsmitglied, fühlt sich die CVP parteipolitisch ausgegrenzt. Der Verband sei völlig auf FDP und SVP-Linie, heisst es immer wieder. Politisch anders denkende Gewerbler würden unter Druck gesetzt; die Gewerbekammer bodige immer wieder CVP-Anliegen wie die Familien-Initiative oder die Abschaffung der Heiratsstrafe.
Bigler kontert die Kritik Gmürs mit Gegenspitzen. Gmür habe bei der demokratischen Parolenfassung der Gewerbekammer zu No Billag gefehlt – so wichtig sei ihm dieses Engagement offenbar nicht gewesen. In anderen Fällen sei er als Teilnehmer von Podien – beispielsweise als Befürworter der Altersreform 2020 – angehört worden und halt überstimmt worden.
Gmür will über die Bücher
Die No-Billag-Kampagne findet Bigler zudem «überhaupt nicht aggressiv». Die Aussagen von Gmür überraschten ihn. Zudem sei der Auftrag der Gewerbekammer an ihn klar: Zwei Drittel seien für No Billag gewesen und hätten diese Gegenkampagne gewollt.
Gmür wetzt im «Bote»-Interview trotzdem das Messer: «Ich stelle die personelle Zusammensetzung an der Verbandsspitze in Frage. Da muss man nun definitiv über die Bücher.»
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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