Erster Auftritt, erster Krach: Vergangene Woche inthronisierte Pro Senectute alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (61) als neue Präsidentin. Ihre Antrittsrede in Bern nutzte die BDP-Politikerin, um gute Stimmung für die Rentenreform 2050 zu machen. Das Projekt, welches das Rentenalter für Frauen erhöhen, Neupensionären mehr AHV geben und den Pensionskassen-Umwandlungssatz senken soll, sei notwendig, um die Altersvorsorge zu sichern (SonntagsBlick berichtete).
Auftritt für politische Propaganda missbraucht
Der klare Positionsbezug stösst aber nicht überall in der Organisation auf Zustimmung. Damian Müller (32, FDP), Vizepräsident der Pro Senectute Luzern und Ständerat des Innerschweizer Kantons, zu SonntagsBlick: «Es ist eine Anmassung, dass Eveline Widmer-Schlumpf ihren ersten Aufritt gleich für politische Propaganda missbraucht.» Der Verband sei überparteilich, unabhängig und habe gar noch nicht entschieden, wie er sich in dieser für die Senioren zentralen Frage verhalten werde. «Es ist bis heute weder eine Parole gefasst worden, noch wurde das Thema in unseren Gremien eingehend diskutiert», sagt Müller, der die Vorlage wie seine Partei bekämpft. Das Vorpreschen der ehemaligen Finanzministerin sei deshalb völlig unverständlich.
Glaubwürdigkeit in Gefahr
Müller selber ist dagegen, dass Pro Senectute überhaupt eine Abtimmungsempfehlung abgibt. «Ich trete als freisinniger Ständerat gegen die Altersreform an, aber sicher nicht als Vizepräsident der Pro Senectute Luzern!» Denn eine Politisierung der wohltätigen Organisation schade deren Glaubwürdigkeit massiv. Ob und welche Parole Pro Senectute ausgibt, entscheidet die Organisation erst am 22. Juni.
Dass sich Müller Sorgen macht, wenn Widmer-Schlumpf bei diesem wichtigen Geschäft vorprescht, kommt nicht von ungefähr. Die Bündnerin geniesst in der Bevölkerung grosse Sympathie. Das zeigte sich jüngst bei der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform. Ein kritisches Interview im BLICK genügte, um viele Stimmbürger von einem Nein zu überzeugen.