Abstimmung über Geldspiel-Gesetz wird zur Zitterpartie
Casinos hat das Glück verlassen

Die Abstimmung über das Geldspielgesetz wird für die Befürworter zur Zitterpartie. Selten war die Ausgangslage vor einer Abstimmung so verworren wie jetzt.
Publiziert: 02.05.2018 um 23:36 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:10 Uhr
Der Abstimmungskampf ums Geldspielgesetz wird zum Krimi. Der Support für die Vorlage bröckelt massiv.
Foto: KEY
Lea Hartmann

Der Abstimmungskampf ums Geldspielgesetz wird zum Krimi – ein Krimi, bei dem für einmal nicht nur das Publikum, sondern die Beteiligten zittern müssen. Denn der Support für die Vorlage bröckelt massiv. Dabei war sie im Parlament noch recht unbestritten. Nun reisst das Geldspielgesetz riesige Gräben auf. Zwischen, aber auch innerhalb der Parteien. 

Erst haben die FDP-Delegierten eine Kehrtwende vollzogen, am Wochenende hat nun auch noch die kleine BDP einen U-Turn hingelegt – das nach dem einstimmigen Ja ihrer Bundeshausfraktion. Es ist das erste Mal seit sechs Jahren, dass die BDP-Delegierten sich in einer nationalen Abstimmung gegen den Kurs des Bundesrats stellen.

Bei der SVP kippen immer mehr Sektionen

Auch bei der SVP wächst das Nein-Lager rasant. Zürich, Luzern Thurgau, St. Gallen, Baselland: Zahlreiche und gewichtige Sektionen lehnen das Gesetz ab, das nur Schweizer Casinos erlauben will, online mit Poker und Blackjack Geld zu machen. Die Berner SVP sagte zwar Ja – aber nur, weil Ex-Fraktionschef Adrian Amstutz mächtig Druck machte. Der Berner Nationalrat stehe mit seiner Haltung quer in der Landschaft, heisst es vielerorts.

Ex-SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz kämpft für ein Ja – überzeugen kann er allerdings nicht einmal die eigenen Reihen.
Foto: Keystone

Alles andere als ein Ja zum Geldspielgesetz wäre «dumm», sagte der Berner an einer Medienkonferenz. Dumm, dass er damit die eigenen Mitglieder beleidigt, sagen Parteigänger. Besonders sein Polit-Nachwuchs ist verärgert.

Junge SVP, FDP, GLP, Grüne, BDP und Juso: Sie alle kämpfen gegen das Geldspielgesetz. Eine Mehrheit von ihnen gegen die eigenen Reihen. So stimmte auch die SP im Parlament noch geschlossen Ja. Mit der Aargauer Sektion ist jetzt die erste Kantonalpartei ausgeschert.

«Das Netzsperren-Argument ist Nonsens»

Auf den Stimmungsumschwung angesprochen, versuchen die Geldspiel-Befürworter diesen kleinzureden. Viel lieber als über die drohende Abstimmungsschlappe machen sie die Geldspielgegner schlecht. Diesen werfen sie vor, mit falschen Argumenten Stimmbürger und Parteien zu ködern.

Als Präsident von Swiss Olympics profitiert er vom Swisslos-Topf: SVP-Nationalrat Jürg Stahl.
Foto: Keystone

«Das Argument, dass wir mit Netzsperren die liberale Ordnung der Schweiz in Gefahr bringen, ist Nonsens», wettert der Freiburger CVP-Ständerat Beat Vonlanthen (61), der den Schweizer Casino-Verband präsidiert. «Ein Nein würde wenigen ausländischen Aktionären illegaler Online-Casinos in die Hände spielen. Die werden sich ins Fäustchen lachen, dass sie ungestört absahnen können», sagt er. Zudem würde bei einem Nein die Gefahr bestehen, dass Millionen Franken jährlich verloren gingen, «die jetzt an AHV, Kultur, Soziales und Sport fliessen». 

Auch SVP-Nationalrat und Swiss-Olympics-Präsident Jürg Stahl (50) betont unermüdlich, wer alles von den Millionen aus dem Swisslos-Topf profitiert. «Ich kämpfe jeden Tag und versuche, die Vorteile aufzuzeigen, die die Unterstützung der Lotterien für die Allgemeinheit hat.»

CVP-Ständerat Beat Vonlanthen hält nichts von den Argumenten der Geldspiel-Gegner.
Foto: Keystone

Gegner im Hoch

Andri Silberschmidt (24) kämpft gegen Netzsperren für ausländische Online-Casinos.
Foto: MIRCO REDERLECHNER

Es sind aber nur einige wenige, die derzeit lautstark öffentlich für die Geldspiel-Vorlage auftreten. Das hat Folgen: Eine erste Abstimmungsumfrage der Tamedia AG hat vergangene Woche ergeben, dass die Gegner derzeit eine knappe Mehrheit haben.

Für Jungfreisinnigen-Präsident Andri Silberschmidt (24), der an vorderster Front für ein Nein kämpft, ein Traum-Ergebnis: «Dahinter steckt harte Überzeugungsarbeit», sagt er. Noch vor drei Monaten habe er nicht geglaubt, dass so viele Parteien und Sektionen kippen, meint er, fügt aber an: «Gewonnen ist damit noch nichts.» Das Glück hat er derzeit allerdings auf seiner Seite.

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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