Abschreckungs-Soap für Nigerianer
Doppelt so teuer, nur noch halb so nötig

Die TV-Serie zur Abschreckung von Nigerianern hat vier Jahre Verzögerung. Inzwischen sind die Kosten explodiert – und die Asylgesuche haben sich mehr als halbiert.
Publiziert: 22.02.2017 um 08:56 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 22:10 Uhr
Dreharbeiten zur nigerianischen Serie «The Missing Steps».
Foto: SRF/Samuel Burri
Sermîn Faki

Jetzt drehen sie endlich. Wie Radio SRF am Sonntag berichtete, filmt eine nigerianische Crew derzeit in der Schweiz für die Fernseh-Produktion «The Missing Steps», die einmal im westafrikanischen TV ausgestrahlt werden soll (BLICK berichtete).

Die Botschaft ist klar: Nigerianer sollen anhand des Schicksals eines jungen Asylsuchenden verstehen, dass die Hoffnung auf ein besseres Leben in der Schweiz eine trügerische ist. Und sich dank dieser Einsicht gar nicht mehr auf den Weg nach Europa machen.

Vier Jahre Verzögerung

Neu ist die Idee nicht: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) lancierte die Abschreckungs-Seifenoper bereits im Juni 2013. Bis anhin war einfach nicht viel passiert. Im November 2015 wurde immer noch am Drehbuch gearbeitet. 

Was lange währt, wird also endlich gut? Gemäss der Migrationsforscherin Jill Alpes bringen solche Kampagnen nicht viel. «Sie haben grösstenteils keinen Mehrwert. Und vor allem wird den Informationen nicht vertraut», sagte sie gegenüber Radio SRF. Dennoch setzt die Schweiz nicht zum ersten Mal auf dieses Mittel. Schon 2007 wollte sie mit einem TV-Spot Afrikaner abschrecken

Mehrkosten von 175’000 Franken

Gut ist die Seifenoper also vielleicht nicht. Teuer hingegen schon. Plante das SEM bis Ende 2015 noch 275’000 Franken dafür ein, sind es jetzt 450’000 Franken, fast doppelt so viel.

Das SEM kann die Kostensteigerung nicht wirklich erklären. Im ersten Budget seien die Produktionskosten in Nigeria, die Dreharbeiten in der Schweiz und die Begleitung des Projekts durch das SEM nicht enthalten gewesen, teilt ein Sprecher BLICK mit.

Deutlich weniger Asylgesuche

Doch nicht nur die Kosten haben sich verändert. Seit Juni 2013 hat auch der Migrationsdruck markant abgenommen. Verzeichnete die Schweiz 2012 noch 2746 Asylgesuche aus Nigeria, waren es im letzten Jahr 1106. Die Schweiz sei für Westafrikaner «kein primäres Zielland» mehr, schreibt das SEM in der letzten Jahresstatistik.

Was lange währt, kommt eh zu spät, würde als Motto besser passen. Macht eine Serie vor diesem Hintergrund überhaupt noch Sinn? Man darf zweifeln.

Doch die Schweiz hat gar keine Wahl: Die Seifenoper ist ein Gegengeschäft innerhalb der Migrationspartnerschaft mit Nigeria. Bern finanziert das Filmprojekt, dafür nimmt Nigeria seine abgewiesenen Asylsuchenden zurück. Die Schweiz erkauft sich mit dem Zustupf an die nigerianische Filmindustrie den Goodwill Nigerias im Asylbereich.

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