Abschaffung abgelehnt
Parlament will Listen säumiger Prämienzahlender nicht abschaffen

Das Parlament möchte es den Kantonen weiterhin ermöglichen, Listen zu führen für Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlten. Damit stellt es sich gegen den Bundesrat.
Publiziert: 16.12.2021 um 09:45 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2021 um 10:18 Uhr
Wer seine Krankenkassenprämien nicht bezahlt, kann in einigen Kantonen auch künftig auf einer schwarzen Liste landen. (Themenbild)
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Wie im Ständerat war auch die Abstimmung im Nationalrat am Donnerstag knapp: Die grosse Kammer stimmte mit 98 zu 92 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen die Abschaffung der Listen säumiger Prämienzahlender. Der Entscheid im Ständerat im Juni war sogar nur mit Stichentscheid des Präsidenten Alex Kuprecht (SVP/SZ) gefallen.

Mit dem übereinstimmenden Entscheid beider Kammern haben die Kantone nun also weiterhin die Möglichkeit, sogenannte schwarze Listen zu führen mit Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht zahlten und deswegen betrieben wurden. Diese Personen erhalten dann nur noch in Notfällen medizinische Behandlungen.

Das Parlament präzisierte den Begriff der Notfallbehandlung. Demnach liegt eine solche vor, wenn die Behandlung nicht aufgeschoben werden kann. Dies ist der Fall, wenn die versicherte Person ohne sofortige Behandlung gesundheitlichen Schaden oder den Tod befürchten muss oder die Gesundheit anderer Personen gefährden kann. In solchen Fällen müssen auch säumige Prämienzahlende behandelt werden.

Die Mehrheit im Parlament wollte es den Kantonen insbesondere aus föderalistischen Überlegungen weiterhin ermöglichen, Listen zu führen. Der Kanton Thurgau beispielsweise zeige, dass die Listen funktionierten, sagte Christian Lohr (Mitte/TG). Dort sei die Zahl der säumigen Prämienzahlenden seit Einführung zurückgegangen. Die Gemeinden seien mit den betroffenen Personen im Gespräch. «Das Case Management funktioniert.»

Die Minderheit warnte vor der Beibehaltung der Listen. SP, Grüne, GLP und einzelne FDP-Vertreterinnen und -Vertreter waren der Ansicht, dass solche Listen die medizinische Grundversorgung von Personen, die in bescheidenen Verhältnissen lebten, beeinträchtigen könnten, wie Manuela Weichelt (Grüne/ZG) sagte. Viele der auf der Liste der säumigen Versicherten aufgeführten Personen seien effektiv zahlungsunfähig. Bei diesen Personen verfehle die Liste ihren Zweck, zur Bezahlung der Krankenkassenausstände zu animieren.

Rund 160'000 Personen bezahlen ihre Krankenkassenrechnungen nicht. Aktuell gibt es schwarze Listen in den Kantonen Aargau, Luzern, Tessin, Thurgau und Zug. In Graubünden, Schaffhausen, Solothurn und St. Gallen wurde das Instrument bereits wieder abgeschafft. 19 Kantone und die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) wollen die Listen abschaffen.

Die Vorlage zur Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht geht nun erneut an den Ständerat. Im Gegensatz zum Beschluss des Ständerats beschloss der Nationalrat nämlich, dass säumige Versicherte nicht in ein alternatives Versicherungsmodell, wie etwa in ein Hausarztmodell, eingeteilt werden.

Um neue Schulden aufgrund bestehender Betreibungen zu vermeiden, sollen die Prämien laut Nationalrat vom Lohn abgezogen und an den Versicherer überwiesen werden können. Weiter soll der Entwurf ergänzt werden, so dass die laufenden Kosten für die Prämien über das Betreibungsamt bezahlt werden können, wenn der Lohn einer versicherten Person gepfändet wird.

Einig sind sich die Räte darin, dass die Zahl der Betreibungen auf zwei pro Jahr begrenzt werden soll. Die Kantone, die dies möchten, sollen die Verlustscheine für neunzig Prozent der Forderung von den Versicherern übernehmen und selber bewirtschaften können.

Schliesslich sollen junge Erwachsene nicht mehr für die Prämien haften, die von ihren Eltern nicht bezahlt wurden, so lange sie minderjährig waren. Gemäss Nationalrat soll diese Regelung auch für junge Erwachsene gelten, die noch in der Ausbildung sind.

(SDA)

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