Ausgerechnet im Wahljahr! In der SP tobt ein wüster Streit. Denn diese Woche wechselte schon wieder ein prominenter Zürcher Genosse zu den Grünliberalen: Nationalrat Daniel Frei (40, ZH) kehrt den Sozialdemokraten den Rücken, wie der «Tages-Anzeiger» schrieb, ebenso seine Partnerin, Kantonsrätin Claudia Wyssen (39).
Die SP habe sich verändert, sei linker, ideologischer und dogmatischer geworden, erklärte Frei seinen Schritt in der «NZZ».
Chantal Galladé (46), Freis Vorgängerin im Parlament, zog es bereits im Februar zur GLP. Nun ist ein Konflikt eskaliert, der schon länger brodelt. Erst vor zwei Wochen hatten die Delegierten Frei, bis 2017 immerhin Präsident der Zürcher Sektion, auf der Nationalratsliste vom neunten auf den zehnten Platz zurückgestuft.
Weiterer Tiefschlag
Freis Abschied markiert einen weiteren Tiefschlag für die Vertreter des liberalen Flügels. «Mich befremdet, dass ein SP-Nationalrat die Partei wechselt», sagt Nationalrätin Yvonne Feri (53, AG). «Was macht Daniel Frei nun? Er sitzt wohl die zwei nächsten Sessionen bei der GLP.» Dann endet Freis Zeit in Bern. Zur Wiederwahl tritt er nicht mehr an.
Yvonne Feri engagiert sich bei der reformorientierten Plattform der SP, dem Zusammenschluss des liberalen Parteiflügels. Zwar hat sie für Freis fliegenden Wechsel kein Verständnis, erwartet aber, dass sich SP-Chef Christian Levrat (48, FR) einschaltet. «Es wäre nun an der Zeit, dass sich die Parteispitze mit uns unterhalten würde», so Feri. «Wir müssen darüber reden, wie wir innerhalb der Partei miteinander umgehen und einen anständigen Umgang untereinander pflegen. Es kann nicht sein, dass uns einfach die Leute davonlaufen.»
Weitere Austritte nicht ausgeschlossen
Ein solches Gespräch hätte sie sich schon gewünscht, «als Chantal Galladé der Partei den Rücken gekehrt hat». Feri betont, sie habe Mühe damit, dass sie «als Politikerin, die sich seit Jahren für die SP engagiert», intern kritisiert werde, weil sie in wenigen, einzelnen Fragen eine andere Position als die Mehrheit vertrete. Levrat allerdings reagierte nicht auf eine diesbezügliche Anfrage von SonntagsBlick.
Dabei sind weitere Austritte keineswegs ausgeschlossen. «Es gibt einige Leute aus der SP, die mich um Rat fragen. Namen nenne ich keine», sagt Chantal Galladé. «Dann gebe ich Auskunft, aber ich versuche sicher nicht, jemanden zum Übertritt zu überreden.» Sie habe ihren Entscheid jedenfalls noch keinen Moment bereut, sagt die Neo-Grünliberale.