Der kleine Aylan und sein grosser Bruder Galip an der Hand ihres Vaters Abdullah. Fröhlich lachen sie in die Kamera. So zeigt sie ein Foto auf Facebook.
Aber das Lachen der drei- und fünfjährigen Buben ist verstummt. Auf dem Weg in eine bessere Welt sind sie mit ihrer 35-jährigen Mutter Rehan Kurdi ertrunken. Ihre Körper wurden am Mittwoch bei der türkischen Touristenstadt Bodrum an Land gespült. Das Bild des toten Aylans ging um die Welt. Es macht sprachlos.
Nur Vater Abdullah hat überlebt. Er wollte mit seiner Familie nach Kanada zu seiner Schwester reisen. Teema Kurdi war vor 20 Jahren dorthin ausgewandert. Sie wollte als Sponsor für die Familie einspringen im Rahmen eines sogenannten G5-Antrags. Er verspricht Flüchtlingen ein Aufenthaltsrecht, wenn jemand finanziell für sie aufkommt. Geld war vorhanden, doch sie blitzten bei Kanadas Behörden ab. Zudem liessen die türkischen Behörden die Syrer nicht ausreisen. Daraufhin nahm die Familie ein Boot.
Die Familie Kurdi war vor den Terroristen des Islamischen Staats aus der syrisch-türkischen Grenzstadt Kobane geflohen. In Bodrum bestieg sie mit anderen Flüchtlingen ein Schlauchboot. Ziel: die 20 Kilometer entfernte griechische Ferieninsel Kos. Schwimmwesten hatten sie keine. Das Boot und ein weiteres kamen nicht weit und kenterten. Über ein Dutzend Menschen ertranken.
Die vier verantwortlichen Schlepper konnten verhaftet werden. Es sind – wie die Familie Kurdi – syrische Kurden. Er habe ihnen für die Überfahrt gegen 4500 Franken bezahlt, sagte Abdullah Kurdi.
Der Vater erzählte gestern den Medien vom Kampf auf dem Meer, wie sich das Boot mit Wasser gefüllt hatte. «Ich hielt die Hand meiner Frau. Die Kinder rutschten mir aus den Händen. Ich half meinen Söhnen und meiner Frau und versuchte über eine Stunde, mich am gekenterten Boot festzuhalten. Meine Söhne lebten da noch. Mein erster Sohn starb in den Wellen – ich musste ihn loslassen, um den anderen zu retten.» Im Dunkeln verlor er seine Familie aus den Augen. «Ich rief nach ihnen. Jeder schrie. Doch ich konnte sie nicht finden.»
Abdullah Kurdi hat seine Reise der Hoffnung abgebrochen. Er weiss, dass das Bild seines toten Aylan nun um Welt geht. «Was uns hier in diesem Land passiert ist, wo wir Zuflucht vor dem Krieg in unserer Heimat suchten, das soll die ganze Welt sehen», sagte er Reportern in der Türkei. «So dass anderen nicht das gleiche passiert. Lasst es das letzte Mal gewesen sein!»
Trotz des Krieges in Syrien will er seine Frau und seine Kinder zurück nach Kobane bringen und sie dort bestatten. Am liebsten, so sagte er, möchte er sich gleich selber neben seinen Liebsten begraben lassen.