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Youtube-Hearing unter der Lupe
Sogar Experten streiten über EU-Deal

Die aussenpolitische Kommission befragt heute Experten erstmals seit 15 Jahren öffentlich. Das Thema ist ein harter Brocken: das EU-Rahmenabkommen.
Publiziert: 15.01.2019 um 12:46 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 19:38 Uhr
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Live auf Youtube: Nationalräte nahme Experten in die Zange.
Foto: Keystone
Nico Menzato
Nico MenzatoBundeshaus-Redaktor

Die 25 Mitglieder der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats befragen heute ab 13.30 Uhr satte drei Stunden sechs Experten zu den politischen, juristischen und wirtschaftlichen Aspekten des Rahmenabkommens mit der Europäischen Union (EU). Die Anhörung ist öffentlich – das gab es seit 15 Jahren nicht mehr! Sie wird auf dem Youtube-Kanal des Parlaments übertragen. BLICK berichtet live.

Für die Fragen erhalten die Politiker eine Minute Zeit. Wer sich wohl daran halten wird? Die sechs Experten haben unterschiedliche Meinungen zum Vertragsinhalt, der seit Anfang Dezember öffentlich ist. Und zur Frage, ob die Schweiz dem Abkommen zustimmen soll oder nicht.

«Berücksichtigt viele Interessen der Schweiz»

Eher positiv eingestellt ist Astrid Epiney (53). Die Europarechtsprofessorin der Universität Freiburg sagte schon gegenüber BLICK, das Verhandlungsergebnis erscheine «insgesamt sehr ausgewogen und berücksichtigt in vielen Aspekten die Interessen der Schweiz».

Zwar sei nicht zu verkennen, dass es den Handlungsspielraum der Schweiz einschränke, insbesondere durch die vorgesehene dynamische Anbindung an die Entwicklung des Unionsrechts sowie die Streitbeilegung. Auch werde der Spielraum bei den Lohnschutzmassnahmen eingeschränkt und die Unionsbürgerrichtlinie werde nicht ausdrücklich ausgeschlossen, so die Professorin weiter.

«Auf der anderen Seite gewährleistet das Abkommen aber auch einen umfassenden Zugang der Schweiz zu weiten Teilen des EU-Binnenmarkts und sie wird insoweit im Wesentlichen gleich wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt», so Epiney Anfang Dezember zu BLICK.

Widmer befürchtet wie die SVP Souveränitätsverlust

Ein klarer Gegner des Abkommens ist Paul Widmer (69). Der ehemalige Botschafter ist Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Er forderte kürzlich in der «NZZ am Sonntag», dass die Schweiz den Vertrag nicht unterzeichnen dürfe. «Es geht um unsere Souveränität. Mit diesem Abkommen könnte uns die EU so in die Zange nehmen, dass wir die Kontrolle im eigenen Haus verlören», so Widmer.

Es sei die Verknüpfung von zwei Verfahren, die toxisch wirke: die dynamische Rechtsübernahme im Zusammenspiel mit der Rolle des Europäischen Gerichtshofs.

Ebenso kritisch ist Carl Baudenbacher (71). Der Jurist war Präsident des Efta-Gerichtshofes – und damit für Gerichtsfälle zuständig, die ihren Ursprung in einem der Efta-Länder Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz haben. Er forderte stets, der Efta-Gerichtshof solle bei Streitigkeiten zwischen der Schweiz und der EU einen Entscheid fällen können.

Welches Gericht wäre das sinnvollste?

Das ausgehandelte Rahmenabkommen sieht nun eine Kombination zwischen Schiedsgericht und Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Was Baudenbacher nicht passt, wie er kürzlich auf der Plattform «Inside Paradeplatz» schrieb: «Entscheidend ist, ob das Streitentscheidungsverfahren fair ist, ob es also den fundamentalen Anforderungen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit Genüge tut. Und das tut es nicht.»

Anderer Meinung ist Matthias Oesch (46), der als Professor an der Universität Zürich Europarecht lehrt. Er sagt, man mache sich hierzulande falsche Vorstellungen vom Gerichtshof. «Der EuGH arbeitet unparteiisch und professionell. Er ist allein dem Recht verpflichtet und nicht den Interessen der EU.» 

Und Christa Tobler (57), Professorin für Europarecht an der Universität Basel, sagte zu den Anpassungen beim Lohnschutz aufgrund des Rahmenabkommens in der SRF-«Arena»: «Aus rechtlicher Sicht ist es ein Kompromiss zwischen EU-Recht und Schweizer Recht.» Der Lohnschutz der Schweiz würde zwar geschwächt, wäre aber rechtlich gesehen nach wie vor besser als derjenige in der EU.

Wirtschaftliche Folgen eines Jas oder Neins

Zudem wird Marc Bros de Puechredon, der Direktor von BAK Economics, der Kommission Red und Antwort stehen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat vor drei Jahren eine Studie zu den Kosten bei einem Wegfall der bilateralen Verträge publiziert. Gibts aktuelle Einschätzungen zum Rahmenabkommen?

An der Anhörung wird zudem der Schweizer Chefunterhändler Roberto Balzaretti (53) für Fragen zur Verfügung stehen – nicht jedoch Aussenminister Ignazio Cassis (57, FDP).

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