Mit dem Kampf gegen das «Asylchaos» und den Staatsausbau holte die SVP elf zusätzliche Sitze im Nationalrat. Und nach dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf (59, BDP) steht die Rechtspartei kurz vor dem zweiten Bundesratssitz. Durch die Absagen von Unternehmer Peter Spuhler (56) und Parteichef Toni Brunner (41) avanciert Nationalrat Heinz Brand (60) zum Top-Favoriten. Der Bündner ist Asyl-Experte. 24 Jahre lang leitete er in seinem Kanton das Amt für Polizeiwesen und Zivilrecht.
Brands Kompetenz ist unbestritten, sein Auftreten staatsmännisch, im Umgang ist er konziliant. Manche Fraktionskollegen stänkern aber, dass er den grössten Teil seiner beruflichen Karriere beim Staat absolviert hat. Diese Stimmen wurden intern lauter, als Brand im Sommer einen Vorstoss von SP-Nationalrat Matthias Aebischer (48) unterzeichnet hatte. Der Berner beklagt die Arbeitsbelastung der Parlamentarier. Deshalb sollen künftig alle 246 Volksvertreter einen persönlichen Mitarbeiter mit einem 80-Prozent-Pensum anstellen dürfen – finanziert durch den Bund. Zusätzlich müsse der Staat pro Jahr 10'000 Franken für Arbeitsinfrastruktur und Spesen des Mitarbeiters bezahlen. Heute erhalten Parlamentarier 33'000 Franken für «Personal- und Sachausgaben».
Kommt Aebischers Vorstoss durch, entstehen bei einem konservativ geschätzten Lohn von 75'000 Franken Mehrkosten von knapp 13 Millionen Franken – inklusive Spesen.
Brand zu BLICK: «Dass ein solches System etwas kostet, ist klar.» Als «typischer Milizpolitiker» finde er den Ansatz «absolut diskussionswürdig». Wer nicht gerade Berufsparlamentarier sei, «braucht jemanden, der ihn entlastet». Qualifizierte Mitarbeiter könnten «Vorabklärungen treffen», «unergiebige Vorstösse verhindern» und «dank effizienter Zuarbeit den Erhalt des Milizparlaments sichern».
Nur: In Brands Partei sieht man das ganz anders. Angefragte Nationalräte befürchten, dass zusätzliche Mitarbeiter auch zusätzliche Vorstösse und Berichte verfassen.
Fraktionschef Adrian Amstutz sagt deutlich: «Weder die Fraktion noch ich selbst können diese Initiative unterstützen.» Die SVP setze sich «konsequent für einen Abbau der aufgeblähten Zentralverwaltung und gegen mehr Bürokratie» ein. Der Berner befürchtet, dass die Mitarbeiter «nicht nur einfache Korrespondenz erledigen und Briefmarken aufkleben» würden, sondern «wissenschaftliche Mitarbeiter mit hohen Gehaltsvorstellungen» wären. Und «Mehrausgaben in Millionenhöhe» könne die SVP «dem Steuerzahler nicht zumuten». Diese Position wolle man künftig mit einem zweiten Vertreter «auch im Bundesrat verstärkt einbringen».
Doch ist Brand der Richtige dafür? «Das ist seine persönliche Haltung zu einem einzelnen, noch nicht beratenden Vorstoss und kein Hindernis für eine eventuelle Bundesratskandidatur», sagt Amstutz. Bei Abstimmungen im Parlament stehe Brand klar zu den Abbauplänen. Nicht so im vorliegenden Fall: Er wisse aus langjähriger Erfahrung, «was schlecht vorbereitete Parlamentarier auslösen können».
Diese Haltung findet etwa Ulrich Giezendanner «nicht akzeptierbar». Er erwarte von Brand, dass er «klar staatskritischer» werde. Grundsätzlich aber sei der Bündner «ein hervorragender SVP-Politiker».