«Was denn für ein Trend?», fuhr Andreas Kleeb (55) vom No-Billag-Komitee den BLICK an, als dieser ihn kurz nach 12 Uhr mittags um eine Reaktion bat. Momente zuvor hatte das Meinungsforschungsinstitut GFS Bern einen deutlichen Nein-Trend für die Abstimmungsvorlage vorhergesagt.
Darauf hingewiesen, dass der Aargau – ein guter Gradmesser für die Schweizer Stimmbevölkerung – die Initiative wohl mit über 65 Prozent ablehnen werde, wurde Kleeb noch ungehaltener. «Sie haben doch noch gar keine Zahlen!», schimpfte er.
Kessler war realistischer
Drei Meter weiter erklärte zur selben Zeit No-Billag-Kopf Olivier Kessler (31) die direkte Demokratie zum grossen Sieger des gestrigen Tages. Kessler schwante im Gegensatz zu Kleeb schon, dass die Niederlage total sein würde.
Und tatsächlich: Am Ende des Sonntags hatte sich der Nein-Trend zu einer schmachvollen Niederlage ausgewachsen. Nur 28,4 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger liessen sich von Kessler und Co. überzeugen, dass sich die SRG und die vielen kleinen Regionalsender auch ohne «Zwangsgebühren» finanzieren lassen. Damit schneidet No Billag noch schlechter ab als die radikale Armeeabschaffungs-Initiative der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) anno 1989.
Bitte kein Vergleich mit der GSoA!
«Ein schlechter Vergleich», wehrte sich Kessler, denn schliesslich habe No Billag für die Freiheit gekämpft. «Doch leider haben sich viele Leute von den übertriebenen Untergangsszenarien beeindrucken lassen.»
Ausserdem stünde mit 28,4 Prozent «ein Drittel der Stimmbürger» hinter No Billag. «Ein beachtlicher Erfolg», so Kessler. «Und diese starke Minderheit muss berücksichtigt werden.»
Erfolgreicher als Bigler
Und das wird sie auch – wenn die SRG Wort hält und ihr angekündigtes Reformprogramm durchzieht. Das wäre dann der einzige Erfolg der No-Billag-Initiative, die die Schweiz in den letzten Monaten teilweise zu einem Ort der Gehässigkeiten gemacht hat.
Damit wäre der Erfolg jedenfalls grösser als der vieler anderer, die sich schon mit der SRG angelegt haben. Gewerbedirektor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (59) – auch er gehörte gestern zu den Verlierern – kann davon ein Lied singen.