Auf eine Staumeldung kann man an Sommerwochenenden immer zählen: jene am Gotthard. Jedes Jahr stehen Automobilisten ein bisschen länger vor dem Gotthard. Doch der Juli diesen Jahres sorgte für einen neuen Rekord: Über 350 Staustunden wurden gezählt. Das sind rund 100 Stunden mehr als im Juli 2019 vor der Corona-Pandemie.
57 Sperrungen im Juli
Schuld sind unter anderem die vielen Sperrungen. 57 Mal war die Röhre im Juli dicht. Zum Beispiel am 8. Juli: Ein Lastwagen überhitzte. Der Materialschaden belief sich nur auf 2000 Franken, aber für 1,5 Stunden konnte niemand mehr durch den Gotthard.
Hat ein Lastwagen eine Panne und muss abgeschleppt werden, wird der Tunnel vollständig gesperrt, erklärte Beat Walther, stellvertretender Kommandant der Schadenswehr Gotthard, dem «Tages-Anzeiger». Allein aus diesem Grund war die Röhre 36 Mal zu.
Bleibt ein Personenwagen stecken, muss nicht zwingend die ganze Strecke gesperrt werden. Im Juli war aber bei allen 57 Pannen eine Sperrung erforderlich. Hinzu kommen dieses Jahr drei weitere ungewöhnlich lange Staus. So etwa am Karfreitag.
Länger als der Tunnel
Am 4. Juni, dem Pfingstsamstag, kam es zu einem Stau von rund 14 Kilometern. Dieser entstand allein durch den grossen Andrang, es gab keine Sperrungen. Am Karfreitag und zwei weiteren Tagen war der Stau gar länger als der 16,9 Kilometer lange Gotthardtunnel.
Weshalb es auf der A2, die durch den Gotthard führt, so viel mehr staute, ist nicht ganz klar. Laut dem Bundesamt für Strassen war die Verkehrsauslastung nicht massiv grösser als vor der Pandemie. Im Juli durchquerten den Tunnel 810'903 Fahrzeuge, im Vergleich zu 754'644 im Juli 2019.
Kapazitätsgrenze ist erreicht
Laut Stauforscher Dirk Helbing ist wahrscheinlich einfach die Kapazitätsgrenze der Strasseninfrastruktur erreicht. Die Kapazität des Strassennetzes sei schlicht nicht für die Urlaubssituation ausgelegt, so der ETH-Professor gegenüber dem «Tagesanzeiger».
Unangenehme Folgen hat der Stau nicht nur für Leute die im Auto warten müssen. Weil viele auf die Kantonsstrasse ausweichen, kommt der Verkehr auch dort zum erliegen. Dadurch werden auch Blaulichtorganisationen und ÖV behindert.
Kantonsstrasse entlasten
Deshalb wird seit Ende Juli eine neue Massnahme getestet: Ist der Gotthard-Stau länger als fünf Kilometer, wird neu auch die Autobahneinfahrt Wassen in Richtung Süden gesperrt. So soll wenigstens die Kantonsstrasse entlastet werden. Am Gotthard kommen wohl bis im September noch einige Staustunden dazu. (tom)