33 Stunden arbeiten, 9000 Franken kassieren
Null Stress im Stöckli

Der Ständerat liess es in der Session gemütlich angehen. Über 13 Sitzungstage verteilt, debattierten die Parlamentarier gerade einmal 33 Stunden lang.
Publiziert: 20.03.2016 um 15:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:44 Uhr
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Verwaister Ständeratssaal: In der vergangenen Session stand er nicht selten leer.
Foto: Keystone
Joël Widmer und Simon Marti

Am vergangenen Montag begann der Ständerat seinen Arbeitstag um 16.15 Uhr. Vier Geschäfte standen zur Debatte. Nach einer Stunde und vierzig Minuten schloss Ratspräsident Raphaël Comte (36, FDP) die Sitzung – und erinnerte die Ratsmitglieder an einen Apéro, «im Vorzimmer zu meiner Rechten, dem ruhigeren».

Da war es 17.55 Uhr. Das volle Taggeld – 440 Franken – gab es für die Ständerätinnen und Ständeräte trotzdem.

Der kurze Arbeitstag war in der Frühjahrssession keinesfalls die Ausnahme, sondern die Regel. Im ehrwürdigen Stöckli ging man es generell locker an – sehr locker sogar: Rund 33 Stunden sassen die Ratsmitglieder im Saal – verteilt auf 13 Sitzungstage.

Optimierung in Zeiten des Spardrucks? Fehlanzeige. Eine Sitzung pro Tag musste es sein, komme, was wolle. Und trotzdem wurden die Entschädigungen fällig: 440 Franken Taggeld, 180 Franken für Übernachtung, 115 Franken Essensentschädigung. Macht für die vergangene Session pro Ständerat 9015 Franken. Wäre es ein Lohn, entspräche es einer Bezahlung von 273 Franken pro Stunde.

Ausgerechnet der bürgerlich dominierte Ständerat hält eisern an seinem festgelegten Terminplan fest. Die Politiker aus SVP, FDP und CVP, die sonst gegen die Bürokratie wettern, wo sie nur können und sich als Sparapostel aufspielen, gebärden sich im eigenen Rat bürokratischer und verschwenderischer als jeder der von ihnen oft und gern kritisierten Beamten.

Der Ratspräsident lobte während der Session sogar mehrfach die Effizienz seiner Kollegen. Und ja, so Raphaël Comte zu SonntagsBlick: Die vergangene Ses­sion sei tatsächlich etwas lockerer gewesen als andere in der Vergangenheit.

Warum aber gelingt es der kleinen Kammer nicht, die Sessionswoche auf zwei oder drei Tage zu straffen, statt jeden Tag ein paar Stunden zu debattieren?

«Die Planung ist schwierig. Im Ständerat gibt es keine Beschränkung der Redezeit. Man weiss im Voraus nicht, wie lange ein Thema diskutiert werden wird», so Comte. Seine Ratskollegen von links bis rechts pflichten ihm bei.

Auch SVP-Politiker verteidigen die kurzen Arbeitstage. «Zwei, drei Themen sind kurzfristig ausgefallen, das reisst dann halt Löcher in die Planung», sagt der Schwyzer SVP-Ständerat Peter Föhn (63). «Ich habe auch schon angeregt, das Programm zu straffen, Geschäfte noch am Abend zu besprechen statt erst am nächsten Tag.» Aber die Verwaltung brauche die Zeit, um die Sitzungen ordentlich vorzubereiten.

Die Basler Sozialdemokratin Anita Fetz (59) fügt an, dass Bundesräte, die ihre Geschäfte in den Räten vertreten, nicht flexibel seien. «Ihr enger Terminplan macht es nicht möglich, kurzfristig in den Ständerat zu kommen, nur weil wir ein anderes Geschäft schneller behandelt haben als erwartet», so Fetz. Und: Die Entschädigung sei angemessen. «Ich schäme mich sicher nicht für die Entschädigung, schliesslich muss ich beruflich so planen, dass die Sessionswochen in Bern blockiert sind.»  Für diese Zeit könne sie keine beruflichen Aufträge und Termine annehmen.

Der FDP-Ständerat Joachim Eder meint: «Ja, wenn man am Reissbrett planen könnte, dann wären wir nicht jeden Tag in Bern.»

Ständeratspräsident Comte will versuchen, das Programm der nächsten Session straffer zu gestalten: «Wenn das Programm auch im Sommer leicht ist, werden wir schauen, ob wir einen Tag einsparen können», sagt der Neuenburger.  Ein Tag fällt sicher schon aus: Am 1. Juni steht die Gotthard-Eröffnung an.

Vorgestern, zum Ende der Frühjahrsession legten die Ständeräte nochmals  einen veritablen Spurt hin. Ganze 20 Minuten brauchten der Rat für die Schlussabstimmungen. Um 8.35 Uhr durften die Parlamentarier ins Wochenende.

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