Die Schweiz ist stolz auf das internationale Genf. Am Lac Léman ist nicht nur die UNO präsent, sondern etwa auch die Welthandelsorganisation und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes. Damit trägt die Stadt viel zu einem positiven Image der Schweiz bei und hilft dem Bundesrat in der Erreichung seiner aussenpolitischen Ziele.
Der Bund zeigt sich deshalb gerne grosszügig. In den letzten Jahren flossen hunderte von Millionen Franken in die vom Bund mitbegründete und von ihm beaufsichtigte Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen, kurz Fipoi. Bei den Bundesgeldern handelt es sich meist um zinslose Darlehen mit einer Laufzeit von gegen 50 Jahren.
«Schwere Mängel in der Führung und Organisation der Fipoi»
Die Fipoi fungiert als Bauherrin, wenn es um Renovationen und Neubauten von prestigeträchtigen Gebäuden geht und stellt günstige Büros zur Verfügung. 2015 wurde sie aber von einem Skandal erschüttert. Gemäss einem Untersuchungsbericht des Genfer Rechnungshofs lief fast alles schief.
So wurden etwa Aufträge nicht ausgeschrieben. Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte sprach in der Folge von «schweren Mängel in der Führung und Organisation der Fipoi».
Ganz besonders in der Kritik stand Direktor François Reinhard. Der «TagesAnzeiger» berichtete über ein frauenfeindliches Klima unter seiner Führung. Ausserdem soll er Angestellte zu sich nach Hause befohlen haben – etwa um Räder seines Autos zu wechseln.
Reinhard wurde in der Folge entlassen – allerdings mit einer grosszügigen Abgangsentschädigung, wie Recherchen zeigen. BLICK konfrontierte das Eidgenössische Aussendepartement (EDA) – die Antwort kam aber ein Tag später vom Genfer Regierungsrat Francois Longchamp (FDP), der den Stiftungsrat der Fipoi präsidiert.
Obwohl EDA-intern ausdrücklich von einer «Abgangsentschädigung» gesprochen wurde, will er von dieser Formulierung nichts wissen. Es handle sich vielmehr «um eine vorzeitige Pensionierung des Direktors im Rahmen einer Umstrukturierung». Die Fipoi überweise der Pensionskasse den notwendigen Betrag, um die «Vorsorgelücke zu schliessen», hält er fest.
Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens war Reinhard 62,5 Jahre alt. Das Pensionsalter erreicht er erst mit 65 – in dieser Zeit kassiert der Ex-Direktor also Geld via Pensionskasse. Dazu erhält er gemäss Longchamp bis Ende September Lohn – obwohl die Trennung bereits im letzten November feststand.
Um wie viel Geld es sich dabei insgesamt handelt, beantworten die Behörden nicht. Gemäss einem gut informierten Insider soll der geschasste Direktor aber mindestens 300'000 Franken kassieren.
Die Fipoi weist zwar darauf hin, dass es sich um «selbst erwirtschaftete Mittel» handelt. Für Involvierte ist aber klar: Zumindest indirekt geht es selbstverständlich um Steuergeld, denn die Fipoi arbeitet primär mit Bundesgeldern.
In ihrem heute veröffentlichten Jahresbericht ärgert sich die Finanzdelegation über die Zahlungen. Präsidentin Anita Fetz (SP) findet es auf Anfrage von BLICK «nicht nachvollziehbar», dass dem «offensichtlich inkompetenten» Ex-Direktor nicht früher gekündigt wurde und er nun auch noch «grosszügige Pensionskassenleistungen» erhält.
Man habe das EDA und die involvierten Personen dafür «hart kritisiert», hält sie fest.
Die Fipoi habe mittlerweile «die nötigen Schritte an die Hand genommen», um aufzuräumen, so die Finanzdelegation. Allerdings ist sie «dezidiert» der Ansicht, dass die Empfehlungen «zu zögerlich angegangen und zu wenig konsequent umgesetzt wurden».
Am 1. Mai nimmt der neue Direktor Patrick Armaingaud seine Arbeit auf. Er wird schon bald alle Hände voll zu tun haben. In den nächsten Jahren steht die Renovation des Palais des Nations an. Die Schweiz will sich mit 400 Millionen Franken daran beteiligen.