Bundesrat Ignazio Cassis votierte gegen das Volksbegehren, indem er Vorteile des Völkerrechts anführte. Er verwies auf den Sitz mehrerer Internationaler Organisationen in Genf, was auch ein Gewinn sei.
Der Automatismus der Initiative schränkt laut Cassis die Selbstbestimmungsmöglichkeiten ein; die Schweiz würde abhängig von der Position andere Länder. Ihre Verhandlungsposition würde geschwächt. Stabile und berechenbare Beziehungen seien für die Schweizer Volkswirtschaft zentral.
SVP-Vogt beim Freisinn auf verlorenem Posten
Für die Initiative warb der Zürcher SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt. Er führte den Schweizer Wohlstand und die Offenheit des Landes auf die direkte Demokratie zurück. Liberale sollten auf die Bürgerinnen und Bürger hören, auch wenn sie anders entscheiden als man selber.
Direkte Demokratie erlaube auch Kurswechsel, wenn sich die Verhältnisse geändert haben. Parlament und Gerichte hätten dies in den letzten Jahren eingeschränkt, mahnte Vogt vor der FDP-DV.
Die Waadtländer FDP-Nationalrätin Isabelle Moret konterte, bei der Annahme der Selbstbestimmungsinitiative würde die Schweiz zu einer unzuverlässigen Partnerin. Rund 600 Verträge, die internationale Spielregeln zum Nutzen der Schweiz sichern, wären bedroht. Moret warnte zudem vor einem «Bürokratiemonster» für den Vollzug.
In einer Podiumsdikussion bat Vogt um das Recht, sich Sorgen um das Land machen und anders entscheiden zu dürfen. Das EU-Recht würden im Streitfall EU-Richter auslegen; die Schweiz müsse es dann so vollziehen. FDP-Ständerat Andrea Caroni warnte, nach einer Annahme blieben unzählige Fragen offen, welches Recht denn gelte.
Die FDP liess sich vom SVP-Gast nicht überzeugen und fasste mit 293 gegen 10 Stimmen bei 7 Enthaltungen die Nein-Parole. Damit folgten die FDP-Delegierten ihrer Parteipräsidentenkonferenz der kantonalen Sektionen, die ihrerseits einstimmig empfohlen hatte, abzulehnen.
Das will die Selbstbestimmungsinitiative
Über die Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» entscheidet das Stimmvolk am 25. November. Die SVP verlangt, dass die Bundesverfassung gegenüber dem Völkerrecht immer Vorrang hat - unter dem Vorbehalt der zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.
Die SVP will, dass angenommene Volksinitiativen wortgetreu umgesetzt werden müssen, auch wenn sie Völkerrecht verletzen. Wird eine Initiative angenommen, die in gewissen Punkten mit einem internationalen Vertrag nicht vereinbar ist, dürfte die Schweiz diesen Vertrag nicht mehr anwenden - es sei denn, er unterstand dem Referendum. Sie müsste den Vertrag neu verhandeln und nötigenfalls kündigen.
FDP auch für Sozialdetektive-Gesetz
Die Freisinnigen haben beim Referendum gegen Sozialdetektive die Ja-Parole zum Gesetz ausgegeben. Die FDP-Delegierten beschlossen diese mit 246 gegen 26 Stimmen bei 14 Enthaltungen.
Das Gesetz zur Überwachung von Sozialversicherten, das ebenfalls am 25. November an die Urne kommt, war vom Bundesparlament im März verabschiedet worden. Es ermöglicht Sozialversicherungen, Versicherte bei Verdacht auf Missbrauch durch Detektive observieren zu lassen. Die Regeln gelten für die Invalidenversicherung (IV), die Unfall-, die Kranken- und die Arbeitslosenversicherung.
Lanciert worden war das Referendum gegen den Gesetzesbeschluss von einer Bürgerinnen- und Bürgergruppierung. Gegner kritisieren insbesondere eine grobe Verletzung der Privatsphäre. Der «Schlüsselloch»-Paragraph etwa erlaube die Überwachung von frei einsehbaren Privaträumen. Zudem könnten die Versicherungen selber entscheiden, wen sie durch Privatdetektive beschatten. Dies gebe ihnen mehr Rechte als der Polizei. (SDA)