Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66) will bis zu seinem Rücktritt aus der Landesregierung noch ein paar Erfolge verbuchen. Die Chance dazu sieht er vor allem in Freihandelsabkommen – mit Indonesien, Malaysia und vor allem mit dem Mercosur. Das sind die südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay.
Doch das Abkommen hat es schwer. Nicht zuletzt wegen der Schweizer Bauern, die fürchten, dass die Schweiz mit günstigerem südamerikanischem Rindfleisch überschwemmt wird und niemand mehr zum teuren Schweizer Produkt greift. Die Opposition der Landwirtschaft ist gemäss heutigem Stand recht fundamental.
Schneider-Ammann auf Mission
Und was macht man, wenn man den Gegner nicht überzeugen kann? Man lädt ihn zu einer Reise ein. So hat es auch Schneider-Ammann gemacht, der gerade von einem einwöchigen Trip aus dem Mercosur zurückgekehrt ist. Von dort schickte er gar Videobotschaften nach Hause.
Eine gigantische Delegation mit 52 Teilnehmern hatte ihn dorthin begleitet. Doch bei weitem nicht nur Landwirte. Auch die Wirtschaft war dabei, die Kantone, die Wissenschaft. Alle darum bemüht, den fünf Bauernvertretern nahezulegen, warum die Schweiz dieses Freihandelsabkommen unbedingt braucht.
«Wissenslücken» ausgeräumt
Heute Dienstag nun zog Schneider-Ammann Bilanz. Flankiert von Parlamentariern, einem Vertreter der Wirtschaft und sogar einem Regierungsrat aus dem Kanton Jura. Und sie kamen aus dem Schwärmen nicht mehr heraus.
Wie wichtig diese Reise gewesen sei. Um «Wissenslücken und Missverständnisse» auszuräumen. Um aufzuzeigen, dass es um den Schutz von Schweizer Arbeitsplätzen gehe. Um mit eigenen Augen zu sehen, dass aus Argentinien kein Hormonfleisch auf Schweizer Tellern landen würde.
200'000 Franken sind eine «Investition»
Das Ganze hatte natürlich seinen Preis. Für den Steuerzahler beträgt dieser etwa 200'000 Franken. So viel kostete die Reise den Bund – der mit dieser Summe allerdings nur die Kosten für zehn offizielle Mitglieder der Delegation und sieben Parlamentarier übernahm.
Auf die Frage von BLICK, ob das nicht ein bisschen viel Geld sei, sagte Schneider-Ammann: «Das ist ein Investment, das sich mit Sicherheit x-fach auszahlen wird.» Und stellte zufrieden fest: «Die Landwirtschaft hat verstanden, dass Wissenschaft und Wirtschaft ein grosses Interesse an diesem Abkommen haben.»
Die Reise kostete drei Tonnen Rindfleisch
Tatsächlich schlug Andreas Aebi (59), SVP-Nationalrat und als Präsident des Rinderzüchterverbands, moderate Töne an. Wenn tatsächlich nur etwa 2000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr aus Argentinien und Brasilien importiert würden, wäre das für die Schweizer Bauern «verkraftbar». Bei einem aktuellen Schlachtpreis von 8.30 Franken pro Kilo ist die Reise etwas mehr als zwei Tonnen Rindfleisch wert.