150 Seniorinnen klagen gegen Bundesrätin Doris Leuthard
Angst vor dem Klima

Heute treten rund 150 Schweizer Seniorinnen an die Öffentlichkeit. Ihr Anliegen: Stärkerer Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels. Ihr Mittel: Ein Klage gegen die Schweiz. Diese, so die streitbaren Damen, tue zu wenig für den Klimaschutz.
Publiziert: 23.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:40 Uhr
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Prominente wie Judith Giovanelli-Blocher oder …
Foto: Peter Gerber
Matthias Halbeis

Heute treten rund 150 Schweizer Seniorinnen an die Öffentlichkeit. Ihr Anliegen: Stärkerer Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels. Ihr Mittel: Eine Klage gegen die Schweiz. Hierzulande ist dieser Weg juristisches Neuland. In den Niederlanden hingegen hat ein Regionalgericht eine ähnliche Klage gut­geheissen. Neben alt SP-Präsidentin Christiane Brunner, weiteren alt Nationalrätinnen oder Musikerin Irene Schweizer wird die Klage auch von der Sozial­arbeiterin und Schriftstellerin Judith Giovanelli-Blocher unterstützt. Die Schwester von alt Bundesrat Christoph Blocher erklärte BLICK, warum.

BLICK: Frau Giovanelli-Blocher, ­warum wollen Sie mit anderen Seniorinnen den Staat wegen des Klimawandels verklagen?
Judith Giovanelli: Auch ältere Menschen sollten Verantwortung übernehmen. Bis zu einem gewissen Grad bin ich auch persönlich betroffen: Ich habe eine Atemwegserkrankung, für die man keine Erklärung findet. Ausser, dass sie auf Umwelteinflüsse zurückgeht. Und auf dem Bielersee durften die Kursschiffe wegen Hochwassers mehrfach länger nicht fahren. Für mich steht fest: Die Auswirkungen des Klimawandels sind real.

Sie müssen gegen Doris Leuthard klagen, die das Klima ja auch schützen will und die Schweiz zu einschneidenden Massnahmen verpflichtet. Warum sind Sie nicht zufrieden?
Doris Leuthard ist ein Musterbeispiel einer Politikerin, die es gut meint, aber unter gewaltigem Druck steht. Die Mächtigen in der Schweiz bekämpfen einen wirksamen Klimaschutz. Die Schweiz tut in Sachen Klima immer noch zu wenig.

Die Klage wird damit begründet, dass Seniorinnen stärker unter dem Klimawandel leiden. Können Sie uns sagen, wie Sie das erleben?
Mir geht es nicht um meine Betroffenheit. Ich bin 84-jährig und weiss ja nicht, ob ich noch lebe, wenn es dann zu einem Gerichtsentscheid kommt. Ich kämpfe vor allem für die, die nach mir kommen. Aber es stimmt schon, dass lange Hitzeperioden gerade für uns Ältere schwierig sind. Die meisten freuen sich diese Woche über die warmen Tage. Für die über 80-Jährigen gilt das nicht. Wir überlegen uns, wohin wir uns zurückziehen könnten. Hohe Temperaturen verstärken die Gebrechen im Alter. Es ist erwiesen, dass in Hitzeperioden mehr alte Menschen sterben. Ich glaube, wir dürfen darauf aufmerksam machen, dass wir uns mehr Schutz vor den Umwelteinflüssen wünschen.

Politiker wie FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen monieren, dass Sie statt zu klagen besser gegen das CO2-Gesetz das Referendum ergriffen hätten.
Ich verstehe diese Argumenta­tion. Ich habe erst auch so reagiert. In der Schweiz ist das kein üblicher Weg – vor allem für Frauen nicht. Die vorläufig erfolgreiche Klage in den Niederlanden finde ich sehr interessant. Ob es in der Schweiz gleich funktioniert, weiss ich noch nicht. Aus meiner Zeit als Sozialarbeiterin kenne ich die Holländer und weiss, dass sie schneller vor Gericht ziehen. Mich hat überzeugt, dass es ein überraschendes Signal braucht, wenn die Klimapolitik blockiert ist. Interview: Matthias Halbeis

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