Sieben Frauen erheben ihre Stimme: Im SonntagsBlick erklären sie, wie sie ihre Abtreibung erlebt haben, wie sie das tief greifende Erlebnis verarbeiteten – und wie sie es heute beurteilen. Auch ein Mann meldet sich zu Wort.
Die Gruppe um die Berner SP-Stadträtin Lea Kusano (32) und die Generalsekretärin der FDP-Frauen Claudine Esseiva (33) lancieren eine neue Kampagne – zehn Jahre, nachdem die Schweizer Stimmbürger am 2. Juni 2002 mit 72,2 Prozent Ja zur Fristenregelung sagten. Seitdem dürfen Frauen in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft selber entscheiden, ob sie einen Abbruch vornehmen wollen.
Sie habe ihre Entscheidung nie bereut, sagt Lea Kusano im Interview. Jetzt befürchtet sie, dass die Schweiz schon bald wieder einen Schritt rückwärts machen könnte.
Auslöser ist die im vergangenen Jahr eingereichte Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache». Sie will, im Gegensatz zur Fristenregelung, dass die Krankenkassen die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch nicht mehr übernehmen müssen.
Die Initianten um die Ex-Nationalrätin und sechsfache Mutter Elvira Bader (57, CVP/SO) und Ständerat Peter Föhn (59, SVP) wollen, dass Frauen künftig die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch selber bezahlen müssen. Abtreibungen seien «keine Krankheit», argumentiert Bader.
Mit Annahme der Initiative könne ein «positiver Beitrag zur Senkung der Krankenkassenprämien geleistet werden». Vorletzte Woche lehnte der Bundesrat das Volksbegehren ohne Gegenvorschlag ab. Nach der Beratung in den beiden Räten dürfte die Initiative 2013 zur Abstimmung kommen.
Für die Gegner ist das Kostenargument irreführend und gefährlich. Es werde vorgeschoben, um vom wahren Ziel der Initianten abzulenken, nämlich das Recht auf selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch einzuschränken.
2010 gab es in der Schweiz 10'641 Schwangerschaftsabbrüche. Diese Zahl ist seit der Einführung der Fristenregelung konstant. Bei Kosten von rund 500 bis 2000 Franken pro Abbruch kosten alle Eingriffe die Kassen jährlich sieben bis zehn Millionen Franken. Oder, nimmt man die Zahlen aus dem Jahr 2010, 0,04 Prozent der gesamten Krankheitskosten von 24,3 Milliarden Franken.
Bei einer Krankenkassenprämie von 300 Franken pro Monat würde die Streichung der Kostenübernahme beim Schwangerschaftsabbruch minimale zwölf Rappen einsparen. Diese Zahlen bestätigt auch Santésuisse, der Verband der Krankenversicherer.
Frauenärztin Helene Huldi (54) von der Praxis Runa sagt: «Wir riskieren bei Annahme der Initiative, dass sich Frauen, die weniger Mittel zur Verfügung haben, zu risikoreicheren, nicht fachgerechten Abtreibungen drängen lassen.» Viele Frauen würden dadurch ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Und die Folgekosten für das Gesundheitswesen wären enorm.
Auch den Männern ist das Thema Schwangerschaftsabbruch ein wichtiges Anliegen. «Kurz nach der Geburt des zweiten Kindes wurde meine Frau wieder schwanger. Aufgrund der Mehrbelastung, der Organisation und unserer damaligen finanziellen Situation haben wir uns für einen Abbruch entschieden.» Die finanzielle Situation der Familie könne nicht das Entscheidende sein, sagt Lorenz Keller, der Sektionspräsident der SP Bern ist.
Auch den Männern ist das Thema Schwangerschaftsabbruch ein wichtiges Anliegen. «Kurz nach der Geburt des zweiten Kindes wurde meine Frau wieder schwanger. Aufgrund der Mehrbelastung, der Organisation und unserer damaligen finanziellen Situation haben wir uns für einen Abbruch entschieden.» Die finanzielle Situation der Familie könne nicht das Entscheidende sein, sagt Lorenz Keller, der Sektionspräsident der SP Bern ist.
Ich wurde mit 15 Jahren schwanger, von einem Klassenkameraden. Wir waren beide im letzten Schuljahr. Für mich war nicht von Anfang an klar, dass ich abtreiben werde. Der Kindsvater wollte das Kind ganz klar nicht. Meine Mutter hat mich in dieser schweren Situation sehr unterstützt. Sie gab mir immer zu verstehen, dass sie für mich da sein würde – egal, wie ich mich entscheide.
Die Eltern des Kindsvaters hatten sehr Mühe mit der Situation. Meine Klassenkameraden bekamen irgendwann Wind von der Schwangerschaft. Als ich eines Morgens in die Schule kam, sprach keines der Mädchen mehr mit mir. Es war wirklich sehr, sehr heftig. Niemand sagte am Morgen ‹Hallo!›, niemand am Mittag ‹Tschüss!›.
Die Situation wurde unerträglich. Ich habe die letzten drei Monate nicht mehr in der Schule verbracht, sondern in einem Sprachkurs. Der Kindsvater konnte weiterhin in die Schule gehen, er war der Coole, niemand sagte was Böses gegen ihn. Unter diesem sozialen Druck wurde für mich klar, dass ich kein Kind bekommen möchte. Ein Baby mit 15 ist sowieso schon schwer genug. Wird man dazu gemobbt und gehänselt, wird es unerträglich.
Ich habe die Entscheidung noch nie bereut. Meine Mutter war alleinerziehend, wir hatten nie viel Geld. Trotzdem konnte ich nach der Schule das Gymnasium besuchen, habe studiert, mit 24 meinen Mann kennengelernt – und gebar mit 26 mein erstes Kind. Heute bin ich Mutter von zwei Mädchen. Hätte ich damals das Kind behalten, wäre es heute 17 Jahre alt. Mein Leben wäre komplett anders gelaufen. Ich hätte wohl nicht an die Uni gehen können – aus zeitlichen und finanziellen Gründen.
Heute weiss ich als Mutter, was es bedeutet, ein Kind zu haben. Man schläft monatelang kaum, man kommt physisch und psychisch an seine Grenzen. Es ist naiv, wenn man sich gegen Abtreibungen einsetzt und nicht darüber spricht, was es wirklich bedeutet, ein Kind grosszuziehen.
Für mich ist klar, dass jede Frau einen uneingeschränkten Zugang zu Abtreibungen haben muss. Finanzielle Argumente kann es hier nicht geben, schliesslich kostet eine Abtreibung rund zehnmal weniger als eine Geburt.
Würde die Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» durchkommen, könnte das bedeuten, dass Frauen ungewollte Kinder austragen müssen – oder dass sie mit Stricknadeln, Seifenlaugen oder heissem Wasser versuchen, die Schwangerschaft selber abzubrechen.»
Lea Kusano ist neben ihrem politischen Amt Projektleiterin und Beraterin in einer Agentur für politische Kommunikation
Ich wurde mit 15 Jahren schwanger, von einem Klassenkameraden. Wir waren beide im letzten Schuljahr. Für mich war nicht von Anfang an klar, dass ich abtreiben werde. Der Kindsvater wollte das Kind ganz klar nicht. Meine Mutter hat mich in dieser schweren Situation sehr unterstützt. Sie gab mir immer zu verstehen, dass sie für mich da sein würde – egal, wie ich mich entscheide.
Die Eltern des Kindsvaters hatten sehr Mühe mit der Situation. Meine Klassenkameraden bekamen irgendwann Wind von der Schwangerschaft. Als ich eines Morgens in die Schule kam, sprach keines der Mädchen mehr mit mir. Es war wirklich sehr, sehr heftig. Niemand sagte am Morgen ‹Hallo!›, niemand am Mittag ‹Tschüss!›.
Die Situation wurde unerträglich. Ich habe die letzten drei Monate nicht mehr in der Schule verbracht, sondern in einem Sprachkurs. Der Kindsvater konnte weiterhin in die Schule gehen, er war der Coole, niemand sagte was Böses gegen ihn. Unter diesem sozialen Druck wurde für mich klar, dass ich kein Kind bekommen möchte. Ein Baby mit 15 ist sowieso schon schwer genug. Wird man dazu gemobbt und gehänselt, wird es unerträglich.
Ich habe die Entscheidung noch nie bereut. Meine Mutter war alleinerziehend, wir hatten nie viel Geld. Trotzdem konnte ich nach der Schule das Gymnasium besuchen, habe studiert, mit 24 meinen Mann kennengelernt – und gebar mit 26 mein erstes Kind. Heute bin ich Mutter von zwei Mädchen. Hätte ich damals das Kind behalten, wäre es heute 17 Jahre alt. Mein Leben wäre komplett anders gelaufen. Ich hätte wohl nicht an die Uni gehen können – aus zeitlichen und finanziellen Gründen.
Heute weiss ich als Mutter, was es bedeutet, ein Kind zu haben. Man schläft monatelang kaum, man kommt physisch und psychisch an seine Grenzen. Es ist naiv, wenn man sich gegen Abtreibungen einsetzt und nicht darüber spricht, was es wirklich bedeutet, ein Kind grosszuziehen.
Für mich ist klar, dass jede Frau einen uneingeschränkten Zugang zu Abtreibungen haben muss. Finanzielle Argumente kann es hier nicht geben, schliesslich kostet eine Abtreibung rund zehnmal weniger als eine Geburt.
Würde die Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» durchkommen, könnte das bedeuten, dass Frauen ungewollte Kinder austragen müssen – oder dass sie mit Stricknadeln, Seifenlaugen oder heissem Wasser versuchen, die Schwangerschaft selber abzubrechen.»
Lea Kusano ist neben ihrem politischen Amt Projektleiterin und Beraterin in einer Agentur für politische Kommunikation
Das Thema beschäftigt mich seit bald 50 Jahren. In meinen Augen ist es ein zentrales Grundrecht von Frauen, selbst entscheiden zu können, ob, wann und unter welchen Umständen sie ein Kind bekommen möchten oder eben nicht. Dieses Recht ist die Vorbedingung für alle anderen Freiheitsrechte. Jede Frau muss Zugang haben zu Schwangerschaftsverhütung und – wenn diese, aus welchen Gründen auch immer, versagt – zum legalen, fachgerecht durchgeführten Schwangerschaftsabbruch. Dazu muss auch die Finanzierung gewährleistet sein. Sonst passiert, was wir in anderen Ländern beobachten, dass Frauen an Pfuscherabtreibungen sterben.
Als junge Frau bin ich – trotz Verhütung – ungewollt schwanger geworden. Vorher hatte ich immer gedacht, mir passiert so etwas nicht. Dann geschah es eben doch, das Diaphragma hat versagt. Die Pille war damals erst seit kurzer Zeit auf dem Markt; mein Frauenarzt vertraute ihr noch nicht.
Ich hatte nach der Heirat eine Ausbildung in modernem Tanz begonnen, stand kurz vor dem Abschluss. Das war unvereinbar mit einer Schwangerschaft. Ich empfand eine ohnmächtige Wut, dass der Staat sich anmasste zu entscheiden, ob ich diese Schwangerschaft, die meine Lebenspläne zu zerstören drohte und gegen die sich alles in mir auflehnte, austragen musste oder nicht. Ich fand einen Arzt, der den Abbruch – illegal, ohne das damals vom Gesetz verlangte Gutachten – vornahm.
Ich empfinde heute wie damals: Ich bin einfach nur dankbar, dass ich die ungewollte Schwangerschaft abbrechen konnte. Es war eine grosse Erleichterung, als dieser Albtraum vorbei war, als ob mir mein Leben neu geschenkt worden wäre. Ich bekomme noch heute geradezu Atemnot, wenn ich Leute höre, die Frauen zum Austragen zwingen wollen. Wer, bitte, entscheidet, was einer Frau zumutbar ist? Frauen sind keine Opferlämmer!»
Anne-Marie Rey ist Geschäftsführerin des «Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption – Schweiz» (APAC-Suisse). Sie war bereits 1971 bei der ersten Initiative für den straflosen Schwangerschaftsabbruch im Initiativkomitee.
Das Thema beschäftigt mich seit bald 50 Jahren. In meinen Augen ist es ein zentrales Grundrecht von Frauen, selbst entscheiden zu können, ob, wann und unter welchen Umständen sie ein Kind bekommen möchten oder eben nicht. Dieses Recht ist die Vorbedingung für alle anderen Freiheitsrechte. Jede Frau muss Zugang haben zu Schwangerschaftsverhütung und – wenn diese, aus welchen Gründen auch immer, versagt – zum legalen, fachgerecht durchgeführten Schwangerschaftsabbruch. Dazu muss auch die Finanzierung gewährleistet sein. Sonst passiert, was wir in anderen Ländern beobachten, dass Frauen an Pfuscherabtreibungen sterben.
Als junge Frau bin ich – trotz Verhütung – ungewollt schwanger geworden. Vorher hatte ich immer gedacht, mir passiert so etwas nicht. Dann geschah es eben doch, das Diaphragma hat versagt. Die Pille war damals erst seit kurzer Zeit auf dem Markt; mein Frauenarzt vertraute ihr noch nicht.
Ich hatte nach der Heirat eine Ausbildung in modernem Tanz begonnen, stand kurz vor dem Abschluss. Das war unvereinbar mit einer Schwangerschaft. Ich empfand eine ohnmächtige Wut, dass der Staat sich anmasste zu entscheiden, ob ich diese Schwangerschaft, die meine Lebenspläne zu zerstören drohte und gegen die sich alles in mir auflehnte, austragen musste oder nicht. Ich fand einen Arzt, der den Abbruch – illegal, ohne das damals vom Gesetz verlangte Gutachten – vornahm.
Ich empfinde heute wie damals: Ich bin einfach nur dankbar, dass ich die ungewollte Schwangerschaft abbrechen konnte. Es war eine grosse Erleichterung, als dieser Albtraum vorbei war, als ob mir mein Leben neu geschenkt worden wäre. Ich bekomme noch heute geradezu Atemnot, wenn ich Leute höre, die Frauen zum Austragen zwingen wollen. Wer, bitte, entscheidet, was einer Frau zumutbar ist? Frauen sind keine Opferlämmer!»
Anne-Marie Rey ist Geschäftsführerin des «Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption – Schweiz» (APAC-Suisse). Sie war bereits 1971 bei der ersten Initiative für den straflosen Schwangerschaftsabbruch im Initiativkomitee.
Ich wurde mit 29 Jahren ungewollt schwanger. Die Zeit bis zum Entscheid war geprägt von vielen Gesprächen und Tränen, von Zukunftsangst, Scham – und vielen Fragen: ‹Bin ich bereit, Mutter zu werden? Werde ich eine alleinerziehende Mutter sein? Wie stehen der Kindsvater und ich zueinander? Hat das Zukunft? Wollen wir ein gemeinsames Kind unter den gegebenen Umständen haben?› Nach vielen Gesprächen war uns klar, dass wir kein Kind auf die Welt setzen wollten. Mein persönliches Umfeld war mir in dieser Zeit eine grosse Stütze. Trotzdem war ich bei der Entscheidung völlig auf mich allein gestellt – denn diese und die Verantwortung muss jede Frau selber tragen.
Es war ein schwerer, jedoch wohlüberlegter Entschluss, den ich nie bereut habe. Ich war mir der grossen Verantwortung stets bewusst. Heute trage ich durchaus den Kinderwunsch in mir. Und wer weiss – vielleicht werde auch ich noch eine Familie gründen.
Wenn eine Frau einen so schwierigen Entscheid fällt, wird ihr bewusst, wie sehr das Thema Abtreibung in unserer doch so aufgeklärten Gesellschaft immer noch ein Tabu ist. Es wird nicht gerne darüber gesprochen – schon gar nicht in der Öffentlichkeit.
Heute bin ich in meiner politischen Arbeit eine Verfechterin genau dieser Selbstbestimmung der Frau. Frauen und Männer sollen frei und selbstbestimmt leben können. Und nun wird von den Initianten von «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» unter dem Deckmantel von Kosteneinsparungen und einer angeblichen Eigenverantwortung der Frau ihre Selbstbestimmung aberkannt.
Die Gesellschaft soll es Frauen ermöglichen, selbstbestimmt und ohne Kostendruck einen solchen Entscheid fällen zu können. Dieser ist immer schwierig, da müssen nicht noch finanzielle Elemente oder die Angst vor dem Fegefeuer reinkommen. In die Zeiten der Engelsmacherinnen* will ich definitiv nicht zurück.»
*So bezeichnet man Personen, die illegal Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.
Claudine Esseiva arbeitet nebst des Jobs bei der FDP als Projektleiterin und Beraterin in einer Agentur für politische Kommunikation.
Ich wurde mit 29 Jahren ungewollt schwanger. Die Zeit bis zum Entscheid war geprägt von vielen Gesprächen und Tränen, von Zukunftsangst, Scham – und vielen Fragen: ‹Bin ich bereit, Mutter zu werden? Werde ich eine alleinerziehende Mutter sein? Wie stehen der Kindsvater und ich zueinander? Hat das Zukunft? Wollen wir ein gemeinsames Kind unter den gegebenen Umständen haben?› Nach vielen Gesprächen war uns klar, dass wir kein Kind auf die Welt setzen wollten. Mein persönliches Umfeld war mir in dieser Zeit eine grosse Stütze. Trotzdem war ich bei der Entscheidung völlig auf mich allein gestellt – denn diese und die Verantwortung muss jede Frau selber tragen.
Es war ein schwerer, jedoch wohlüberlegter Entschluss, den ich nie bereut habe. Ich war mir der grossen Verantwortung stets bewusst. Heute trage ich durchaus den Kinderwunsch in mir. Und wer weiss – vielleicht werde auch ich noch eine Familie gründen.
Wenn eine Frau einen so schwierigen Entscheid fällt, wird ihr bewusst, wie sehr das Thema Abtreibung in unserer doch so aufgeklärten Gesellschaft immer noch ein Tabu ist. Es wird nicht gerne darüber gesprochen – schon gar nicht in der Öffentlichkeit.
Heute bin ich in meiner politischen Arbeit eine Verfechterin genau dieser Selbstbestimmung der Frau. Frauen und Männer sollen frei und selbstbestimmt leben können. Und nun wird von den Initianten von «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» unter dem Deckmantel von Kosteneinsparungen und einer angeblichen Eigenverantwortung der Frau ihre Selbstbestimmung aberkannt.
Die Gesellschaft soll es Frauen ermöglichen, selbstbestimmt und ohne Kostendruck einen solchen Entscheid fällen zu können. Dieser ist immer schwierig, da müssen nicht noch finanzielle Elemente oder die Angst vor dem Fegefeuer reinkommen. In die Zeiten der Engelsmacherinnen* will ich definitiv nicht zurück.»
*So bezeichnet man Personen, die illegal Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.
Claudine Esseiva arbeitet nebst des Jobs bei der FDP als Projektleiterin und Beraterin in einer Agentur für politische Kommunikation.
Es war ein ‹Unfall›, ich war zu jung fürs Mutterwerden, war mitten im Studium, völlig überfordert – und absolut nicht bereit, ein Kind alleine grosszuziehen, zumal früher oder später mit einer Trennung zu rechnen war. Wir hätten uns eine Abtreibung niemals leisten können. Es war richtig und wichtig, mich diesem Entscheid in seiner ganzen Tragweite zu stellen, mich begleiten zu lassen und auch Rituale zu finden.
Verdrängen oder verharmlosen bringt nichts. Es ist weder einfach noch unproblematisch, etwas Lebendes zu töten – wir alle tun es aber direkt wie indirekt täglich, um selber zu überleben. Respekt und Dankbarkeit dem Leben gegenüber sind danach noch tiefer geworden.
Heute bin ich eine glückliche Mutter. Eigentlich sollten sich mehr Männer dafür stark machen und endlich genauso Verantwortung übernehmen! Zwar darf keiner eine Frau zu etwas zwingen, doch die Entscheidung betrifft Männer auch. Nur durch Verhütung alleine können keine ungewollten Schwangerschaften verhindert werden, das ist ein perfides Lügenargument.
Eine mögliche Privatisierung der Abtreibungskosten hätte fatale Folgen, wie beispielsweise: Es würden vermehrt Mütter oder Familien von Sozialleistungen leben. Frauen würden beweisen müssen, dass sie wegen Vergewaltigung oder Missbrauch schwanger geworden sind. Schwanger gewordene Frauen würden misshandelt, wenn der Mann zwar das Vergnügen, aber keine Kinder will.»
Es war ein ‹Unfall›, ich war zu jung fürs Mutterwerden, war mitten im Studium, völlig überfordert – und absolut nicht bereit, ein Kind alleine grosszuziehen, zumal früher oder später mit einer Trennung zu rechnen war. Wir hätten uns eine Abtreibung niemals leisten können. Es war richtig und wichtig, mich diesem Entscheid in seiner ganzen Tragweite zu stellen, mich begleiten zu lassen und auch Rituale zu finden.
Verdrängen oder verharmlosen bringt nichts. Es ist weder einfach noch unproblematisch, etwas Lebendes zu töten – wir alle tun es aber direkt wie indirekt täglich, um selber zu überleben. Respekt und Dankbarkeit dem Leben gegenüber sind danach noch tiefer geworden.
Heute bin ich eine glückliche Mutter. Eigentlich sollten sich mehr Männer dafür stark machen und endlich genauso Verantwortung übernehmen! Zwar darf keiner eine Frau zu etwas zwingen, doch die Entscheidung betrifft Männer auch. Nur durch Verhütung alleine können keine ungewollten Schwangerschaften verhindert werden, das ist ein perfides Lügenargument.
Eine mögliche Privatisierung der Abtreibungskosten hätte fatale Folgen, wie beispielsweise: Es würden vermehrt Mütter oder Familien von Sozialleistungen leben. Frauen würden beweisen müssen, dass sie wegen Vergewaltigung oder Missbrauch schwanger geworden sind. Schwanger gewordene Frauen würden misshandelt, wenn der Mann zwar das Vergnügen, aber keine Kinder will.»
Ich steckte mitten in der Abschlussprüfung, als ich realisierte, dass ich schwanger bin. Für mich und meinen damaligen Freund war klar, dass wir das Kind abtreiben wollten. Es war einfach noch zu früh, wir waren beide gerade dabei, die erste Berufsausbildung abzuschliessen. Wir hätten dem Kind keine Zukunft bieten können. Es wäre einfach nicht fair gewesen. Deshalb entschieden wir uns für den Abbruch.
Das ist nun circa ein Jahr her. Den Entscheid bereue ich nicht! Ich weiss, dass wir in diesem Augenblick richtig gehandelt haben. Heute kann ich auch zu meinem Entscheid stehen, auch öffentlich, denn zu diesem Zeitpunkt ein Kind in die Welt zu stellen, wäre einfach nicht realistisch gewesen.
Jedoch hat es in mir den Kinderwunsch geweckt. Irgendwann möchte ich Kinder haben. Ich kann junge Frauen oder Pärchen nur ermutigen, sich nicht zu schämen – und sich den Entscheid gut zu überlegen.»
Ich steckte mitten in der Abschlussprüfung, als ich realisierte, dass ich schwanger bin. Für mich und meinen damaligen Freund war klar, dass wir das Kind abtreiben wollten. Es war einfach noch zu früh, wir waren beide gerade dabei, die erste Berufsausbildung abzuschliessen. Wir hätten dem Kind keine Zukunft bieten können. Es wäre einfach nicht fair gewesen. Deshalb entschieden wir uns für den Abbruch.
Das ist nun circa ein Jahr her. Den Entscheid bereue ich nicht! Ich weiss, dass wir in diesem Augenblick richtig gehandelt haben. Heute kann ich auch zu meinem Entscheid stehen, auch öffentlich, denn zu diesem Zeitpunkt ein Kind in die Welt zu stellen, wäre einfach nicht realistisch gewesen.
Jedoch hat es in mir den Kinderwunsch geweckt. Irgendwann möchte ich Kinder haben. Ich kann junge Frauen oder Pärchen nur ermutigen, sich nicht zu schämen – und sich den Entscheid gut zu überlegen.»
Ich war sehr jung, hatte keinen Kinderwunsch und noch nie über die Möglichkeit nachgedacht, Mutter zu werden. Mein Freund und ich hatten uns gerade getrennt, als ich feststellte, dass ich schwanger war. Ich fühlte mich der Verantwortung nicht gewachsen. Zudem empfand ich die Gesellschaft als sehr kinderfeindlich. Ich fühlte mich von der Welt nicht ermutigt, sie mit einem Kind zu bereichern, und so entschied ich mich, abzutreiben.
Für den Eingriff wählte ich eine Privatklinik in Genf. Viele Möglichkeiten gab es damals vor mehr als 30 Jahren nicht. Dank meines feministischen Engagements kannte ich Frauen, die mich durch die ganze Prozedur begleiteten und mir halfen, die medizinischen Entscheidungen zu treffen. Eine meiner Freundinnen begleitete mich. Ich war gut aufgehoben, der Entscheid war klar, trotzdem war es ein hartes Erlebnis.
Ich habe meine Entscheidung aber nie bereut. Auch als ich mit 28 Jahren ein Studium begann und klar war, dass ich meinen Kinderwunsch kaum noch realisieren würde. Ich habe zwei Schwestern, beide haben Kinder; dies hat mir vielleicht erlaubt, ohne eigene Kinder glücklich zu sein.»
Ich war sehr jung, hatte keinen Kinderwunsch und noch nie über die Möglichkeit nachgedacht, Mutter zu werden. Mein Freund und ich hatten uns gerade getrennt, als ich feststellte, dass ich schwanger war. Ich fühlte mich der Verantwortung nicht gewachsen. Zudem empfand ich die Gesellschaft als sehr kinderfeindlich. Ich fühlte mich von der Welt nicht ermutigt, sie mit einem Kind zu bereichern, und so entschied ich mich, abzutreiben.
Für den Eingriff wählte ich eine Privatklinik in Genf. Viele Möglichkeiten gab es damals vor mehr als 30 Jahren nicht. Dank meines feministischen Engagements kannte ich Frauen, die mich durch die ganze Prozedur begleiteten und mir halfen, die medizinischen Entscheidungen zu treffen. Eine meiner Freundinnen begleitete mich. Ich war gut aufgehoben, der Entscheid war klar, trotzdem war es ein hartes Erlebnis.
Ich habe meine Entscheidung aber nie bereut. Auch als ich mit 28 Jahren ein Studium begann und klar war, dass ich meinen Kinderwunsch kaum noch realisieren würde. Ich habe zwei Schwestern, beide haben Kinder; dies hat mir vielleicht erlaubt, ohne eigene Kinder glücklich zu sein.»
Als ich vor 28 Jahren zum ersten Mal schwanger wurde, bestand kein Wunsch, Mutter zu werden. Meine Beziehung zum potenziellen Vater hatte kein Fundament. Meine finanzielle und berufliche Situation befand sich in einer prekären Phase. Es war für mich rasch klar, dass ich diese Schwangerschaft nicht zu Ende führen wollte und konnte.
Ich wohnte damals in Genf, wo eine legale Möglichkeit abzutreiben bestand – dank einer Regelung, welche sich auf medizinische Gutachten stützte. Die Krankenkasse übernahm die Kosten des Eingriffs.
Ich habe den Entscheid nie bereut. Ich hatte später zwei Wunschkinder – sie sind heute 13 und 15 Jahre alt. Ich war selber alles andere als ein Wunschkind und weiss, wie schwierig es sein kann, dies zu erleben und zu verarbeiten.
Falls die Volksinitiative angenommen würde, wird dies keinen einzigen Schwangerschaftsabbruch verhindern. Sicher aber werden Frauen oder Paare aus Geldnot selbst gebastelte Abbruch-methoden anwenden – dies kann lebensgefährlich sein. Niemand kann dies wollen oder wünschen!
Frauen und Paare sollen einen so wichtigen Entscheid ohne äusseren Druck fällen können. Weder Moral noch Geld soll da eine Rolle spielen. Die heutige Fristenregelung gibt einen klaren ethischen Rahmen vor.
Ich stehe öffentlich zu meinem Schwangerschaftsabbruch – aus Solidarität zu den 700'000 Frauen und Paaren in der Schweiz, welche diesen Entschluss ebenfalls gefasst haben. Diese Solidarität basiert auch auf meinem Engagement als aktive Christin in einer ländlichen Umgebung. Niemand soll aufgrund eines solchen Entscheids ausgeschlossen oder mit Schuldgefühlen belastet werden.»
Als ich vor 28 Jahren zum ersten Mal schwanger wurde, bestand kein Wunsch, Mutter zu werden. Meine Beziehung zum potenziellen Vater hatte kein Fundament. Meine finanzielle und berufliche Situation befand sich in einer prekären Phase. Es war für mich rasch klar, dass ich diese Schwangerschaft nicht zu Ende führen wollte und konnte.
Ich wohnte damals in Genf, wo eine legale Möglichkeit abzutreiben bestand – dank einer Regelung, welche sich auf medizinische Gutachten stützte. Die Krankenkasse übernahm die Kosten des Eingriffs.
Ich habe den Entscheid nie bereut. Ich hatte später zwei Wunschkinder – sie sind heute 13 und 15 Jahre alt. Ich war selber alles andere als ein Wunschkind und weiss, wie schwierig es sein kann, dies zu erleben und zu verarbeiten.
Falls die Volksinitiative angenommen würde, wird dies keinen einzigen Schwangerschaftsabbruch verhindern. Sicher aber werden Frauen oder Paare aus Geldnot selbst gebastelte Abbruch-methoden anwenden – dies kann lebensgefährlich sein. Niemand kann dies wollen oder wünschen!
Frauen und Paare sollen einen so wichtigen Entscheid ohne äusseren Druck fällen können. Weder Moral noch Geld soll da eine Rolle spielen. Die heutige Fristenregelung gibt einen klaren ethischen Rahmen vor.
Ich stehe öffentlich zu meinem Schwangerschaftsabbruch – aus Solidarität zu den 700'000 Frauen und Paaren in der Schweiz, welche diesen Entschluss ebenfalls gefasst haben. Diese Solidarität basiert auch auf meinem Engagement als aktive Christin in einer ländlichen Umgebung. Niemand soll aufgrund eines solchen Entscheids ausgeschlossen oder mit Schuldgefühlen belastet werden.»