Sie ist renitent, die SVP im thurgauischen Ermatingen. Vor einem Monat plante die Rechtsaussen-Partei eine Wahlkampfveranstaltung – ausgerechnet auf einem deutschen Schiff, wo doch die Volkspartei den Schweizer Einkaufstourismus im Ausland verteufelt wie niemand sonst. Damals intervenierte die Kantonalpartei, und das Fest wurde schliesslich in eine heimische Beiz verlegt (BLICK berichtete).
Jetzt kommt der nächste Streich. Für die 1.-August-Feier buchten SVP-Gemeindepräsident Martin Stuber und sein SVP-Vize kurzerhand eine Tanzband von ennet der Grenze. Waidele’s Take A Dance sind fünf flotte Männer aus Konstanz, die überall auftreten, wo Stimmung gefragt ist. Hochzeiten, Firmenanlässe, Gala-Abende, gerne auch Volksfeste – «alles ist möglich», heisst es vielsagend auf der Homepage des lustigen Quintetts. Oft und gerne gastiert die Waidele-Band auch auf Mallorca, wo die Festivitäten der Touristen legendär sind.
Und jetzt sollen diese Tausendsassas im Solde der SVP-Spitze Ermatingens also zum Nationalfeiertag und umweht vom Schweizer Kreuz klangliche Beschaulichkeit samt Nationalhymne liefern.
Die Schelte der SVP Thurgau nach der missglückten Bootsfahrt scheint vergessen. Ebenso die Forderung der Parteispitze, bei Veranstaltungen einheimische Anbieter zu berücksichtigen. Ganz offensichtlich foutiert sich Gemeindepräsident Stuber um die Parteioberen.
Nicht der günstigere Preis, sondern die Qualität der Musiker hätten zu diesem Entscheid geführt, betont der Gemeindepräsident. Die Band habe vor fünf Jahren schon die beste Bewerbung abgegeben. «Seit damals begeistert sie unsere Festbesucher immer wieder aufs Neue», sagt Stuber, der selber passionierter Musiker ist. Und überhaupt: Es gehe hier nicht um Deutsche, Schweizer oder Secondos.
Wer unsere Nationalhymne spiele, müsse sich mit den Errungenschaften, der Lebensqualität unseres schönen Landes identifizieren, und das sei bei diesen Konstanzern der Fall. Mehr noch: «Die Original-Untersee-Deutschen kommen unserer kulturellen Mentalität wahrscheinlich sogar näher als etwa die Zürcher oder andere Schweizer Städter», sagt der Gemeindepräsident.
Dass seine Haltung dem von seiner Partei propagierten Patriotismus widersprechen könnte, sieht Martin Stuber überhaupt nicht. Ihm sei es jedenfalls lieber, diese engagierte Band verpflichtet zu haben als eine, die sich ihre Gage abholen und sich sonst als Stänkerer über die Schweiz entpuppen würde.