Züri-West-Sänger Kuno Lauener wird heute 56
«Ich bin gern eine Diva»

Mit «Love» erscheint nächste Woche die neue CD von Züri West. Sie präsentiert Sänger Kuno Lauener so sensibel wie noch nie. «Mit zunehmenden Alter ist der Mann näher am Wasser gebaut», erklärt er.
Publiziert: 16.03.2017 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:43 Uhr
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Kuno Lauener vor dem ehemaligen Kino Splendid in Bern. Hier spielten Züri West in den 80er-Jahren ihre ersten Konzerte.
Foto: André Albrecht
Interview: Matthias Mast

Seit über 30 Jahren prägen Züri West mit Hits wie «I schänke dir mis Härz» und «Mojito» die Musik der Schweiz. Nächste Woche erscheint «Love», die neuste CD der Berner Mundartrocker. Sänger Kuno Lauener (56), der zwei kleine Kinder hat, sagt, wie er mit der Rolle als älter werdendes Sexsymbol umgeht.

BLICK: Sie feiern am Freitag, 17. März, Ihren 56. Geburtstag. Setzt jetzt eine Art Alterssentimentalität ein?
Kuno Lauener 
(lacht): Ich glaube schon – ich habe mal gelesen, dass das mit der Abnahme der Libido zu tun habe. Mit zunehmendem Alter ist der Mann näher am Wasser gebaut.

Die meisten Songs auf der neuen CD haben einen traurigen Unterton. Weshalb so melancholisch?
Es hat sich ergeben. Irgendwie habe ich einmal angefangen und konnte nicht mehr aufhören mit dem Thema. Als wir die Scheibe produzierten, haben wir diese traurigen Lovestorys an den Anfang gestellt. Das tönt ziemlich bitter und hart.

Es ist naheliegend, dass man da Rückschlüsse auf Ihr Beziehungsleben macht.
Das wäre völlig falsch! Die Songthemen setzen sich aus verschiedenen Dingen zusammen, die in meinem Umfeld passiert sind, was ich so aufgeschnappt und notiert habe. Mein Beziehungs- und Familienleben ist sehr glücklich. Ich bin mir jedoch bewusst, dass sich meine Partnerin nach dem Erscheinen der CD einiges anhören muss.

Kommen eigentlich auch Existenzängste auf, wenn man plötzlich eine Familie hat und noch immer in einer Band singt?
Das ist durchaus ein Thema. Zum Glück habe ich eine Partnerin mit einem soliden Job. Aber ich hoffe schon, dass es mit der neuen CD wieder ein wenig einschenkt. Es ist schon so, dass ich vor 25 Jahren gedacht habe, später ausschliesslich vom CD-Verkauf leben zu können und Konzerte nur noch zum Spass zu geben. Jetzt ist es umgekehrt.

Hinterfragen Sie sich manchmal auch? Was mache ich überhaupt in meinem Alter in einer Rockband?
Ich mache nun mal das, was ich am besten kann und auch am liebsten mache. Und für eine berufliche Umschulung wäre es jetzt zu spät (lacht). Es gibt sicher vieles, was ich hinterfragen könnte in meinem Alter. Doch meine zwei kleinen Kinder lenken ab von solchen existenziellen Fragen.

Sie sind spät Vater geworden. Fühlen Sie sich manchmal eher als Grossvater?
Es ist schon passiert, dass meine Tochter auf dem Spielplatz gefragt wurde, ob sie mit dem Grossvater unterwegs sei. Dann sage ich jeweils ganz stolz: Nein, ich bin der Vater. Ich denke, es kann auch von Vorteil sein, im gesetzteren Alter Vater zu werden.

Weshalb?
Ich habe nicht mehr das Gefühl, ständig etwas zu verpassen. Ich geniesse es, nicht mehr so viel unterwegs, sondern zu Hause bei der Familie zu sein.

Wann haben Sie das letzte Mal einen draufgemacht?
Schon lange nicht mehr. Die letzten Monate waren anstrengend. Wir arbeiteten nonstop an der neuen CD. Zudem mache ich seit drei Monaten Ramadan.

Wann beenden Sie ihn?
Vorläufig nicht. Ich ziehe es weiter. Ich brauche einen klaren Kopf. Eine alkoholfreie Zeit schalte ich seit Jahren immer wieder ein. Der Rekord liegt bei neun Monaten.

Wie lange kann man in einer Rockband cool alt werden?
Ich hangle mich von Ast zu Ast (lacht). Ich denke, es ist nicht mehr so offensichtlich. Ich freue mich aber, wenn die Legende vom coolen Kuno noch lebt. Ich versuche, die Gelassenheit zu behalten. Es gehört zum Rock ’n’ Roll, dass man eine gewisse Nonchalance ausstrahlt.

Die «Weltwoche» hievte Sie als Sexsymbol kürzlich auf die Titelseite. Hat Sie das genervt?
Das mit dem Sexsymbol tropft an mir ab. Das Titelbild der «Weltwoche» ist nicht unbedingt sexy, aber wahrhaftig. Es zeigt mich, wie ich bin.

Das tönt ziemlich uneitel.
Ich kann sehr eitel sein. Gerade jetzt, wo wir unsere neue CD anpreisen, will ich im besten Licht erscheinen. Ich gebe es zu: Ich bin auch gern eine Diva.

Ist es schwierig für Sie, im Alter cool zu bleiben?
Ja. Beim Swiss Music Award spielten wir auf der Bühne, und unter uns standen alle die Teenies und waren am Simslen. Ich weiss nicht, ob die uns überhaupt checkten. Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass wir ein paar Meter weg von cool sind. Da waren zwei Generationen zwischen ihnen und uns.

Was vermissen Sie von früher?
Mir gefiel die damalige Unmittelbarkeit. Der Moment zählte mehr. Die meisten Konzerte wurden weder fotografiert noch gefilmt. Sie waren ein Ereignis ausschliesslich für das Herz und die Erinnerung.

Zu früher gehörte auch Ihre Zeit an der Reitschule. Züri West spielten vor 30 Jahren an der illegalen Wiedereröffnungsparty. Was halten Sie heute von der Reitschule?
Ich finde es schade, dass man von der Reitschule nur redet, wenn Ausschreitungen passieren. Ich erachte die Reitschule nach wie vor als gute Lebensschule, wo man vieles ausprobieren darf.

Gehen Sie noch hin?
Selten. Ich gehe dann vielleicht wieder mehr, wenn meine Kinder da verkehren. Dann verkleide ich mich als Drogenfahnder (lacht).

Weshalb äussern Sie sich eigentlich nie politisch wie beispielsweise Polo Hofer und Gölä?
Ich will nichts sagen, weil andere es viel besser sagen können. Ich finde, Polo macht das sehr gut. Er äusserte sich dezidiert und immer mit einer Prise Humor.

Und Gölä?
Zu ihm möchte ich mich nicht äussern (lacht).

Welche Träume haben Sie noch?
Ich hoffe, dass ich noch lange gesund bleibe, damit ich meinen Kindern die Welt zeigen kann.

Wenn Sie heute sterben würden: War es ein gutes Leben, Kuno Lauener zu sein?
Grundsätzlich ja. Wenn ich einen Verstorbenen im Sarg liegen sehe, dieser Anblick von ewiger Ruhe und dem endgültigen Aus und Vorbei, dann denke ich manchmal schon: Was soll dieser Stress vorher? Deshalb hoffe ich auf noch mehr Gelassenheit für Kuno Lauener.

Züri West

Züri West sind eine der erfolgreichsten Mundart-Rockbands. 1984 gegründet, erspielten sie sich schnell eine grosse Fangemeinde. Auch weil sie in einem kulturpolitischen Kampf für die Reitschule in Bern eintraten. Für Aufsehen sorgte 2001 die CD «Radio zum Glück», die das Musikprogramm von Radio DRS 3 kritisierte. Sänger Kuno Lauener ist grosser Fan der Berner Young Boys. Die nächste Woche erscheinende CD «Love» tönt melancholisch und hat mit «Mir wei nid grüble» auch eine Coverversion von Bob Dylans «Don’t think twice, it’s allright» drauf.

Züri West sind eine der erfolgreichsten Mundart-Rockbands. 1984 gegründet, erspielten sie sich schnell eine grosse Fangemeinde. Auch weil sie in einem kulturpolitischen Kampf für die Reitschule in Bern eintraten. Für Aufsehen sorgte 2001 die CD «Radio zum Glück», die das Musikprogramm von Radio DRS 3 kritisierte. Sänger Kuno Lauener ist grosser Fan der Berner Young Boys. Die nächste Woche erscheinende CD «Love» tönt melancholisch und hat mit «Mir wei nid grüble» auch eine Coverversion von Bob Dylans «Don’t think twice, it’s allright» drauf.

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