Am Tag nach seinem überraschenden Sieg in der Kampfwahl ums Gemeindepräsidium von St. Moritz über Amtsinhaber Sigi Asprion (55) – 894 zu 822 Stimmen bei knapp 70 Prozent Wahlbeteiligung – ist der Zürcher Christian Jott Jenny (40) ein begehrter Gesprächspartner. «Die Reaktionen waren sehr berührend. Durch meine Arbeit hier habe ich viele enge Beziehungen, die über das Geschäftliche hinausgehen», sagt Jenny zu BLICK.
Seit 2008 veranstaltet er das Festival da Jazz, seit über zwei Jahren hat er die Schriften und seinen Lebensmittelpunkt im Bündner Kurort. Als Politiker ist er ein klassischer Quereinsteiger. Warum wurde er gewählt? «Die Menschen hier wissen, dass ich ein Macher bin. Manchmal mit einem ‹sturen Grind›. Aber nur so ist etwas zu erreichen.»
«Mein Trumpf ist meine Furchtlosigkeit»
Die St. Moritzer Tradition und das Image des Ortes sind Jenny bestens vertraut. «Doch zum Teil wurde diese Vergangenheit eher zum Bremsklotz anstatt zum Humus für Neues, was sie eigentlich sein sollte. Mit meiner Denkweise und meinem Elan möchte ich hier ansetzen. Ich denke, mein Trumpf ist meine Furchtlosigkeit. Ich werde sicher auch mal auf die Nase fallen. Aber an Einsatz wird es nicht mangeln.»
So schätzt ihn auch der aus dem Tirol stammende Tourismusdirektor Gerhard Walter (53) ein. «Ich habe ihn als jemanden kennengelernt, der ein grosses Ausdauervermögen an den Tag legt. Ich wünsche mir, dass er diesen Schwung in seine neue Aufgabe mitnimmt. Wir beide als ‹Auswärtige› sollten einen achtsamen Blick für die hiesigen Interessen und die Zukunft haben und diese gemeinsam angehen.»
«Das Monokel abwischen für eine freie Sicht der Dinge»
Hans Peter Danuser (71), Tourismusdirektor von 1978 bis 2008, hat mehrfach gefordert, «St. Moritz müsse wieder sexy werden und seine Extravaganz ausspielen». Dazu gehört das Mondäne und Luxuriöse. Für Jenny kein Problem. «Es ist eine alte Leier vom St. Moritz als Ort der Cüpli und Russinnen in Pelzmänteln. Dieses St. Moritz gibt es auch, und das ist gut so. Aber St. Moritz muss noch etwas Staub loswerden, das Monokel abwischen für eine frische Sicht der Dinge. Ich weiss von meiner Festivalarbeit sehr genau, wie die Restschweiz das Oberengadin wahrnimmt. Daran kann man schrauben.»
So hat Jenny bereits konkrete Projekte ins Auge gefasst, um seine Visionen ab dem 1. Januar 2019 umzusetzen. «Die Entwicklung der Seepromenade ist von grosser Bedeutung. Hierher gehört eigentlich ein grosser Wurf. Und unsere beiden ‹heiligen Hallen› – die Reithalle und die Eishalle – müssen sofort wieder auf den Tisch. Wir brauchen dringlich Räume und Begegnungsorte dieser Art. Für Gäste und Einheimische.»