Plötzlich öffnete der Himmel die Schleusen: Ein Millionenpublikum verfolgte letzten Sonntag, wie ZDF-Plappermaul Andrea Kiewel (54) und 6000 Zuschauer im «Fernsehgarten» vor Blitz, Donner und Starkregen flohen. «Kiwi» musste ihr «Ballermann-Special» in einer winzigen Baracke zu Ende führen. Dass die Wetterkapriolen vor dem Fernsehen nicht haltmachen, weiss auch Moderator Nik Hartmann (47). Er erinnert sich an eine Liveshow aus Saanen BE. «Zehn Minuten vor Sendestart begann es wie aus Kübeln zu giessen. Der Platz war leer gefegt und der Beginn der Sendung mehr als trostlos.»
Für alle «SRF bi de Lüt»-Shows gebe es einen Plan B, erklärt Hartmann. «Die Sendungen finden unter dem Zeltdach statt. Plan C wäre dann die Beendigung der Show.»
Was heisst das konkret? «Der letzte Entscheid über einen Sendeabbruch liegt beim ausführenden Produzenten. Dieser steht in ständigen Kontakt mit den Sicherheitsbehörden vor Ort und SRF Meteo», erklärt SRF auf Anfrage. «Dabei hat die Sicherheit der Zuschauer und aller Beteiligten oberste Priorität.»
Das Turnfest Biel als grosse Zäsur
Böses Wetter wirkt nicht bloss auf TV-Sendungen ein. Der Festivalsommer 2019 scheint geprägt von witterungsbedingten Abbrüchen. So musste letzte Woche die Liveshow an der Fête des Vignerons in Vevey VD mit 20'000 Zuschauern gestoppt werden. Ähnliche Probleme gab es am Lakelive in Biel BE oder am Openair Etziken im Kanton Solothurn.
Auch das Greenfield Festival in Interlaken BE, das Mitte Juni jeweils den Saisonauftakt markiert, blieb heuer nicht trocken. Wegen eines Gewitters mit starken Windböen wurde der Betrieb am letzten Festivalabend für eine Stunde gestoppt und das Gelände zwischenzeitlich geräumt. Geschäftsführerin Iris Huggler (49): «Wir stellen jedoch eine grundsätzliche Sensibilisierung unserer Gäste fest. Die Leute wissen mittlerweile, dass mit solchen Situationen nicht zu spassen ist.» Huggler wie auch andere von SonntagsBlick angefragte Veranstalter sehen das Turnfest Biel BE als entscheidendes Ereignis dafür, dass in der Schweiz mittlerweile viel bewusster mit solchen Gefahren umgegangen wird. Im Juni 2013 zerfetzte ein Sturm Zelte und fegte Tribünen um. 39 Menschen wurden verletzt, sechs davon schwer. Eines der Opfer verstarb eineinhalb Jahre danach an den Spätfolgen.
«Brutale Windböen fegten über die Tribünen»
Im Gegensatz zu Events, die an ein fixes Datum gebunden sind, haben Anbieter wie die Thunerseespiele mehr Spielraum. «Wir entscheiden jeweils bis um 13 Uhr, ob wir am selben Abend spielen können. Diesen Sommer mussten wir bisher eine Vorstellung abbrechen und eine weitere Aufführung verschieben», sagt der Medienverantwortliche Marcel Theiler. Die abgesagten Shows finden jeweils später an den Reservetagen statt.
Schlagerproduzent Elmar Fürer (63) macht die Situation jedoch zunehmend Angst. Ungern erinnert er sich an den Wolkenbruch am Wildhaus-Festival im Toggenburg Anfang Juli. «Brutale Windböen fegten von einer Sekunde zur anderen über die Tribünen – wir mussten sofort unterbrechen. Da kriegst du echt Panik.» 5000 Zuschauer habe man evakuieren müssen. «Wenn es künftig so weitergeht, werden wir Probleme mit den Versicherungen bekommen», ist er sich sicher.
Zusammenhang mit dem Klimawandel unsicher
Ob solche Zwischenfälle einen direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel und daraus resultierenden Wetterextremen haben, lässt sich nur schwer eruieren. Diesbezügliche Erhebungen gibt es nicht.
Showgrössen sollten stets damit rechnen, dass das Wetter nicht immer mitspielt und sie improvisieren müssen. Als wäre es gestern gewesen, erinnert sich Monika Fasnacht (54) an ihre «Donnschtig-Jass»-Premiere 1997 in Stansstad NW: «Es goss so stark, dass nicht mal an eine Generalprobe zu denken war. Man fragte mich: Willst du ohne Probe auf Sendung – oder sollen wir irgendwas aus dem Archiv senden?» Kurz vor Sendestart habe es dann aufgehört – «und ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Mir war schon echt mulmig – aber dann lief alles erstaunlich glatt!»
Unwetter können auch Freundschaften stiften
Roman Kilchsperger (49) sagt, dass «Unterwassershows» auch ein Quotensegen sein können. «Ich mag Livesendungen bei Regen. Denn ich weiss, dass dies die Zuschauer zu Hause heissmacht. Die wünschen uns Moderatoren in die nächste Pfütze und bleiben erwartungsfroh am Schirm.»
Er erinnert sich auch, dass er dank offener Schleusen schon Freundschaften geschlossen hat – bei seinem verregneten «Donnschtig-Jass» 2012 in Seelisberg UR. «Just während des Auftritts von Andreas Gabalier verloren wir die Leitung und seine Regenshow wurde nicht übertragen. Ich musste danach in seine Garderobe: «Andreas, geile Show von dir. Dummerweise hat sie keiner gesehen.» Er nahm es mit Humor. Dieses Sommergewitter war der Start zu einer feinen Kameradschaft.»