BLICK: Das Schweizer Fernsehen ehrt Sie in einer Samstagabendshow. Was ist das für ein Gefühl?
Peter Reber: Ein sehr schönes! Mein Schaffen wird zur Kenntnis genommen und offenbar sogar geschätzt.
War das nicht immer so?
Wenn du aus Bern kommst, dich nicht als sogenannten Rocker inszenierst und mehr Tonträger als alle andern zusammen verkaufst, dann hast du hier nicht nur Freunde. Wir leben in einer Neidgenossenschaft, das bekam ich immer gut zu spüren.
Sie sind auch zu beneiden. Sie haben den Traum von der Weltumsegelung gelebt und wurden nebenbei gleichzeitig Plattenmillionär.
Es war und ist mir immer wichtig, mein Leben selbst zu gestalten. Ich will leben und nicht gelebt werden. Wenn man es so anschaut, bin ich eigentlich der wahre Rocker.
Was macht einen wahren Rocker aus?
Er nimmt sein Leben selbst in die Hand und bestimmt, wo es langgeht. Der Philosoph Heidegger sagte: «Die Verfügung über die eigene Zeit unterscheidet den Herrn vom Knecht.»
Also gingen Sie mit ihrer Frau in den 80ern sieben Jahre lang per Schiff auf Weltreise und lebten dann weitere sieben Jahre auf den Bahamas.
Wenn du auf eine solche Reise gehst, erlebst du das Leben viel ganzheitlicher. Plötzlich musst du die Nahrungsmittel selbst beschaffen, die Routen selbst planen und auch bei Krankheiten helfen können. Du kannst nicht gegen die Natur arbeiten, sondern überlebst nur mit ihr.
Weshalb haben Sie diese Extremsituation gesucht?
Es ist diese Sehnsucht nach einem begreifbaren Leben, in dem man das Gefühl hat, man sei nicht nur ein kleines Rädchen in einer komplexen Welt. Ich bediene dazu gerne einen Vergleich: 4000 Jahre Zivilisation – und was ist das Ergebnis? Camping. Das ist doch eigentlich erstaunlich. Ich scheine nicht der einzige zu sein, der sich nach Entschleunigung sehnt.
Was ist von Ihren Reisen geblieben?
Ein Urvertrauen, dass man mit einem klaren Kopf und starken Händen bestehen kann, egal was passiert. Man kann mit einer kleinen Nussschale den Atlantik bezwingen, wenn man weiss, was man macht.
Hätten Sie das auch allein geschafft?
Kaum! Ich hatte das Riesenglück, mit Livia eine wunderbare Partnerin zu finden. Sie ist das Beste, was mir im Leben passieren konnte. Wir haben uns relativ jung kennengelernt. Sie war 17, ich 26. Und schon bald habe ich ihr von meinen grossen Reiseplänen vorgeschwärmt. Dass dies ernst gemeint war, hätte sie wohl damals nicht gedacht.
Mittlerweile haben Sie zwei erwachsene Kinder, und die Liebe hält.
Ja, ich bin noch immer mit meiner ersten Frau verheiratet – das ist eigentlich nicht gerade üblich im Showbusiness (lacht). Aber ich habe mich auch noch nie wie ein Popstar gefühlt.
Was hat Sie trotz aller Erfolge davor bewahrt abzuheben?
Wenn du nicht nur weisst, was etwas kostet, sondern auch, was es wert ist, hebst du nicht so schnell ab. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Mein Vater war Gepäckarbeiter bei den SBB. Für Extravaganzen war da kein Platz. Aber trotzdem gaben mir meine Eltern die Möglichkeit, das Konservatorium zu besuchen und das Gymnasium zu absolvieren. Dafür werde ich ihnen immer dankbar sein, und das hat mich auch geprägt.
Inwiefern?
Chancengleichheit muss ein Eckpfeiler unserer Gesellschaft sein. Alle sollen über die Möglichkeit verfügen, zumindest einen guten Start zu haben.
Hat Sie dies auch politisch geprägt?
Ich glaube an die Selbstverantwortung des Menschen. Zwar denke ich klar bürgerlich – aber auch mit sozialer Verantwortung. Kinder sollen die gleichen Chancen haben, egal woher sie kommen und was ihre Eltern gemacht haben.
Sie würden doch einen überzeugenden Politiker abgeben.
Ich hätte Mühe, mich einem einzigen Parteiprogramm unterzuordnen. Ich finde es wichtig, dass man einander zuhört. Ich meine, die Schweiz ist nicht zu links, wie Gölä kürzlich sagte. Noch zu rechts. Die Schweiz ist, wie sie ist: eine Vielfalt verschiedener Meinungen, und wir müssen zusammen einen Konsens finden. Mich nerven alle Populisten, sei dies von rechts oder links. Sie bringen unser Land nicht weiter, sie polarisieren nur.
Wie meinen Sie das?
Die Welt ist nicht nur schwarz oder weiss. Sie hat ganz viele Grautöne. Oft hat der andere auch recht. Nur wir Menschen können verhandeln. Das führt zu Lösungen. Einfältige Parolen, wie sie etwa Donald Trump im Wahlkampf in den USA ausspuckt, finde ich unappetitlich.
Was muss sich ändern?
Es müsste mehr um Inhalte gehen, statt dass dauernd auf die Person geschossen wird. Viele Sachverhalte sind komplex – und einfache Slogans bringen uns nicht weiter. Es braucht viel Anstrengung und guten Willen von allen, wenn unsere Gesellschaft vorwärts kommen soll.
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