Jeden Samstagmorgen bei milden Temperaturen kommt es im Zürcher Käferberg-Wald zu Stau. Sportlerinnen und Sportler stehen Schlange, um an den Vitaparcours-Posten ihre Übungen zu machen. «In der Tat haben sich schon Benutzer und Benutzerinnen beklagt, weil sie beim Parcours Käferberg anstehen müssen», bestätigte Barbara Baumann, Leiterin Zurich Vitaparcours gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Ein solches Gedränge herrscht 50 Jahre nach dem Start des ersten Vitaparcours am 18. Mai 1968 in Zürich-Fluntern nicht bei allen inzwischen 499 schweizweiten Parcours. Obwohl Turn-, Sport- und Fitness-Trends kommen und gehen, blieb der Vitaparcours aber stets hoch im Kurs bei der breiten Bevölkerung.
Auch im Jubiläumsjahr geht die Expansion weiter - dazu kommt etwa ein neuer Vitaparcours in Pura (TI) hinzu. Verantwortlich für die Vitaparcours ist die Stiftung Vita Parcours. Exklusivsponsor war von Anfang an die Vita Lebensversicherung, die später von der Zurich-Versicherung übernommen wurde.
Zurich verdankt es dem Oberturner der Männerriege des TV Wollishofen (ZH), dass sie zu diesem Sponsoringauftrag kam. In den späten 1960er-Jahren verlegte Oberturner Erwin Weckemann das Training im Sommer in den Wald. Als Übungsstationen dienten Holzbalken, Wurzelstöcke und Baumstämme.
Bald wurden die Trainingsposten so raffiniert, dass die Turner sie nicht mehr abbrechen wollten. Der Forstmeister erlaubte in Zürich-Fluntern einen fixen Parcours aufzustellen. Der Kantonsingenieur und ein Sportwissenschafter der ETH berieten die Turner und die Lebensversicherung Vita besorgte die Finanzierung. Die ersten Übungen wurden für gut Trainierte ausgearbeitet, da man davon ausging, dass nur diese den Parcours nützen würden.
Auch weniger Trainierte und Familien fanden bald Gefallen an den Parcours. Nach 5 Jahren wurde bereits der 100. Vitaparcours eröffnet. Die Vertreter der Lebensversicherung sahen die Parcours nicht nur als Werbemassnahme, sondern auch als Dienst an der Volkswirtschaft und dem Volkskörper. Dies geht aus Aufnahmen der Reden im Film «Vita parcoeur» (1972) von Rolf Lyssy hervor.
Die Ansichten über nützliche Turnübungen änderten sich im Verlauf der Jahre. Eine der ersten Übungen, die wegfiel, war die Sprungübung - weil sich viele verletzten, sagte Baumann. Die Ringübungen wurden rückenschonend gemacht. Das derzeitige Konzept wurde 1997 mit dem Sportwissenschaftlichen Institut Magglingen erarbeitet. Heute gibt es 15 Posten mit 43 Übungen statt den zuvor 20 Posten mit 20 Übungen.
Ziel ist es, den ganzen Körper mit den verschiedenen Muskelpartien zu trainieren. Die Benutzer entscheiden selber, ob sie Übungen für Beweglichkeit und Geschicklichkeit (gelb) machen wollen, für Kraft (rot) oder für die Ausdauer (blau).
Trotz vieler Fitnessstudios in den Städten werden gerade die Parcours im urbanen Raum, die gut gelegen und erreichbar sind, sehr gut besucht. Baumann ist überzeugt: «Bei den Vitaparcours wird sehr geschätzt, dass diese nach eigenem Bedarf und nicht unter Beobachtung absolviert werden können.»
Die Zurich Versicherung will am Sponsoring-Vertrag auch in Zukunft festhalten, wie Zurich-Schweiz-Sprecher, David Schaffner, sagte. Die genaue Sponsoringsumme wird nicht ausgewiesen. Sie deckt das Wegweismaterial, Qualitätssicherung sowie die technische Expertise. Für die Instandhaltung und den Bau kommt die Trägerschaft auf. Sie besteht zu 81 Prozent aus Gemeinden, 12 Prozent aus Vereinen und zu 7 Prozent Tourismusorganisationen.
Grosse Revolutionen sind nicht geplant. Ein Neukonzept wurde kürzlich gestartet mit sogenannten Zurich vitaparcours Power Stations - mit diversen Übungen an einem Standort. Acht sind es inzwischen. Nach der Einführungsphase wird das Projekt laut Baumann evaluiert. Die weitere Entwicklung werde sich zeigen.
Vitaparcours werden nicht nur für Sport genutzt. Im oben erwähnten Film von Rolf Lyssy frönte ein Pärchen auf dem Parcours der freien Liebe. Pfadfinder brauchen sie für Mutproben. Heute gelangen unter anderem Wünsche für Hunde-Vitaparcours an die Stiftung, wie Baumann sagte.
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