Dem Buch haftet bis heute der Mythos der Verführung an. Wie umgehen mit Hitlers «Mein Kampf»? In zwei kurzweiligen und teils heiteren Stunden begibt sich Rimini Protokoll auf eine Spurensuche. Dabei hinterfragen die sechs Akteure die Bedeutung der Hetzschrift 70 Jahre nach dem Tod des Diktators für die Gegenwart.
Ein Grund für das Theaterprojekt: Ende 2015 laufen die vom Freistaat Bayern gehaltenen Urheberrechte aus, ab Januar 2016 kann es auch in Deutschland wieder gedruckt werden.
Die Berliner Theatergruppe Rimini Protokoll, die als Wegbereiterin eines neuen Dokumentarismus im Theater gilt, hat für das Auftragswerk «Adolf Hitler: Mein Kampf Band 1 & 2» eineinhalb Jahre aufwendig recherchiert.
Im Stück begeben sich unter anderen ein israelischer Jurist, ein deutsch-türkischer Rapper, ein Buchrestaurator und ein Blinder auf historische Recherche und ganz persönliche Spurensuche zu Hitlers Propagandaschrift. Auch Tabus in der Familiengeschichte werden nicht verschwiegen.
Wie heute umgehen mit dem Buch, das 12,5 Millionen Mal bis 1944 in Deutschland gedruckt wurde und noch in vielen Haushalten, in Antiquariaten und im Internet zu finden ist? Bis heute wird behauptet, dass es kaum jemand gelesen habe. Wer aber würde es heute kaufen, wer lesen?
Ist es Nährboden für das Gedankengut von Rechtsradikalen oder von Menschen, die sich derzeit vehement gegen Flüchtlinge und Zuwanderung wenden? Äusserst brisante Fragen also, mit denen sich die Akteure auseinandersetzen, um den Mythos der Verführung in Hitlers Werk und ein Tabu des Schweigens zu brechen, wie Festspielleiter Christian Holtzhauer sagt. Weimar war eine der Lieblingstädte Hitlers.
In Deutschland wird ein Nachdruck derzeit noch als Volksverhetzung geahndet. Der antiquarische Besitz ist aber erlaubt. Das Münchner Institut für Zeitgeschichte plant für 2016 eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe.
«Adolf Hitler: Mein Kampf Band 1 & 2» ist eine Koproduktion mit mehreren Theatern in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Im Herbst geht das Stück auf Tournee. In der Schweiz wird es 24./25. Oktober in der Grossen Halle der Zürcher Gessnerallee gezeigt.