Masken für die «Hexen»
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Bea Petri zeigt Herz:Masken für die «Hexen»

Unternehmerin Bea Petri hilft verstossenen Frauen in Afrika
Masken für die «Hexen»

Das Coronavirus ist auch in Burkina Faso, einem der ärmsten Länder der Welt, angekommen. Im westafrikanischen Staat herrscht Maskenpflicht, doch die wenigsten können sich diesen Schutz leisten. Die Schweizer Unternehmerin Bea Petri hilft vor Ort.
Publiziert: 18.05.2020 um 23:08 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2020 um 07:19 Uhr
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Verteilung der Masken im Hexenhaus.
Foto: Zvg
Flavia Schlittler

Als Seelenfresserinnen bezeichnet, werden sie von ihren Familien vertrieben, von der Gesellschaft sind sie geächtet und gefürchtet. Es sind die Frauen, die im westafrikanischen Ouagadougou für unerklärliche Todesfälle, Seuchen und Krankheiten verantwortlich gemacht werden. Suizid oder ein Leben im Hexenhaus ist ihre letzte Möglichkeit. «Die Dorfälteste bestimmt eine Frau, die sie dafür verantwortlich macht. Oft sind die Frauen noch jung. Wenn sie einmal im Hexenhaus sind, kommen sie nie mehr raus, es ist ein isoliertes Leben ohne Rückkehr», sagt Bea Petri (64), die sich um sie kümmert. Zwei solcher Häuser gibt es in der Hauptstadt von Burkina Faso. In einem leben 300, in einem weiteren 200 Frauen.

Die Unternehmerin des Jahres 2012 hilft vom 4000 Flugkilometer entfernten Toggenburg aus mit viel Herz und Engagement. In der von ihr 2008 gegründeten Schneiderinnenschule Nas Mode lässt sie Masken produzieren, die vor Ort gratis verteilt werden. «Das Coronavirus ist leider vor zwei Monaten auch in Burkina Faso angekommen. Dieser Umstand ist verheerend, auf 100'000 Einwohner kommen nur gerade einmal vier Ärzte. In den wenigen Spitälern gibt es fast keine Sauerstoffgeräte, keine guten Medikamente, schon gar keine Masken oder finanzielle Hilfe im Notfall. Und es herrscht die Maskentragepflicht», sagt sie.

Zum Händewaschen fehlen Wasser und Seife

Ein katastrophaler Umstand sei zudem, dass auch die kleinen Shops auf den Märkten oder am Strassenrand schliessen mussten. Da, wo die meisten Leute ihr tägliches Essen einkaufen. Das Leben in einem der ärmsten Länder der Welt sei deshalb noch mehr zu einem Überlebenskampf geworden. «Eher sterben die Menschen an Hunger als am Virus», so Petri, die im täglichen Kontakt mit der Nas-Mode-Direktorin Safi Ouattara (50) steht. «Hinzu kommt die Panik, weil die Informationen an die Bevölkerung mangelhaft sind und selbst die Hygienemassnahmen wie regelmässiges Händewaschen aufgrund von fehlendem Wasser und Seife nicht eingehalten werden können.»

Masken für die Hexen, Brunnenfrauen und Steinbrucharbeiterinnen

«Da auch unsere Schule schliessen musste und mir die Not vor Ort sehr nahegeht, kam ich auf die Idee, mit ehemaligen Schülerinnen, die wegen des Lockdowns keine Arbeit haben, Stoffmasken zu nähen und diese kostenlos an die Brunnenfrauen, Steinbrucharbeiterinnen, Hexen, die Ärmsten und Gefährdeten zu verteilen. Und auch sonst an die Bedürftigen, die sich Masken nicht leisten können.» Die Herausforderung bei der Herstellung sei gewesen, Masken zu produzieren, die bei Tagestemperaturen von 50 Grad noch bequem getragen werden können.

Dank der Spenden aus der Schweiz werden die Näherinnen in Ouagadougou finanziell entschädigt, damit sie wiederum ihre Familien unterstützen können. «Tausende Masken haben sie schon genäht und verteilt», so Bea Petri. «Diese Hilfe vor Ort ist dringend nötig und gibt den Menschen wenigstens etwas Sicherheit und Schutz.»

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