Was Stefan Gubser nach dem «Tatort»-Aus erwartet
Der Fluch des Kommissars

Viele Ermittler-Darsteller werden von den Zuschauern auf eine einzige Rolle reduziert – von Siegfried Lowitz als «Der Alte» bis zu Horst Tappert als «Derrick». Das birgt die Gefahr, in dieser Figur gefangen zu sein. Schafft Stefan Gubser beim «Tatort» den Absprung?
Publiziert: 15.06.2019 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
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Stefan Gubser 2017 in der «Tatort»-Sendung «Kriegssplitter» von Tobias Ineichen (Folge 1013).
Foto: SRF/Daniel Winkler
Jean-Claude Galli

Auch im zweitletzten Schweizer «Tatort» aus Luzern hängt Stefan Gubser (61) als Kommissar Reto Flückiger in den Seilen (heute SRF 1, 20.05 Uhr). Diesmal stiehlt ihm eine Boxerin – verkörpert von Tabea Buser (26) – die Show. Seit seinem Luzerner Debüt 2011 hadert Gubser mit mangelhaften Drehbüchern und einem fehlenden Chefautor. «Ich musste oft lesen, dass es Flückiger an Ecken und Kanten fehle. Wie hätte ich diese spielen sollen, wenn die Situation und die Emotion dafür nicht im Drehbuch standen?», klagte er jüngst.

Das «Derrick»-Syndrom sorgt für schlaflose Nächte

Doppelt schwierig: Trotz unscharfen Profils ist Gubser in den Köpfen der Zuschauer fest mit der Ermittlerfigur verknüpft. Der grosse Erfolg dieses Formats erzeugt auch Schattenseiten. «Als Schauspieler sind einzelne Akteure sehr ‹besetzt› und werden vorwiegend mit ihrer Rolle verbunden», beschreibt es die Koordinationsstelle der ARD. Das «Derrick»-Syndrom – die Identifikation mit einer einzigen Rolle wie bei Horst Tappert (1923–2008) – kann bedrohlich wirken, beinahe wie ein Fluch. Im Gegensatz zu Stefan Gubser zog Alwara Höfels (37, «Keinohrhasen») die Reissleine selber und entschied Ende 2017, aus dem Dresdner Team auszusteigen. «Unterschiedliche Auffassungen zum Arbeitsprozess und ein fehlender künstlerischer Konsens führten dazu, den ‹Tatort› zu verlassen, da ich meine persönliche Verantwortung gefährdet sah.»

«Das Gefühl, etwas Neues wagen zu müssen»

Sibel Kekilli (38) warf ebenfalls aus freien Stücken das Handtuch. Sie sagte: «Die finanzielle Sicherheit, die eine solche Rolle bringt, ist vielleicht etwas Beruhigendes. Aber ich hatte das Gefühl, etwas Neues wagen zu müssen. Ich wollte nicht auf ewig die Sarah Brandt aus Kiel sein.» Kekilli betont, dass man als Schauspielerin mit beruflicher Unsicherheit leben müsse. Bei ihr habe sich der Schritt gelohnt: «Es erinnern sich vermehrt Leute an dich, wenn sie wissen, dass du wieder frei bist.»

Neues vom Kunstfälscher

Das sieht Gubser offenbar ähnlich: «Das Aus war wie ein Tritt in den Hintern und hat mich aus meiner Komfortzone katapultiert.» Nun widmet er sich wieder eigenen Film- und Theaterprojekten, so einer szenischen Lesung über den Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi (68).

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