Es war augenfällig: Letzten Sonntag mussten die Zuschauer am Ende der «Tagesschau» genau hingucken, ob da Susanne Wille (44) oder nicht doch Sibylle Eberle (35) die Sportresultate verkündete: ähnliche Frisur, ähnliche Kleidung, ähnlicher Typ. Nicht nur treuen SRF-Zuschauern fiel die Szene auf.
Selbst die linke Wochenzeitung WoZ beschäftigt sich mit dem Thema: «Gibts eigentlich für SRF-Moderatorinnen einen Langhaarzwang oder hängt in der Maske eine gemeinsame Perücke (Mittelscheitel, unten leichte Wellen)?» Früher war die TV-Landschaft wilder und und weniger konform. News-Grössen wie Alenka Ambroz (57), Ellinor von Kauffungen (68) oder Helen Issler (72) verkörperten eine bunte, abwechslungsreiche Vielfalt, die dem damaligen Zeitgeist entsprach.
Doch auch auf der Männerseite war mehr Spielraum vorhanden. News-Legende Heiri Müller (72): «Zu meinen Zeiten waren wir nicht nur mutiger, was das Äussere betraf – wir haben noch selbständiger gedacht. Neben dem Aussehen war auch das Innere massgebend.»
US-Sender spielen Vorreiter-Rolle
Wer glaubt, der Look der Moderatoren sei unwichtig und beschäftige höchstens einsame Männer, hat Fernsehen im Kern nicht begriffen. Gleich mehrere aktuelle Studien belegen die zunehmende Wichtigkeit der sogenannt «stillen Botschaften» von TV-Protagonisten: Neben dem Tonfall, der Stimme und dem Gesichtsausdruck ist der Look ungemein bedeutend.
Deutschsprachige Sendeanstalten orientieren sich dabei an US-Vorbildern, wie Starwerber Frank Bodin (56) bestätigt. «Jede Zeit hat ihre Schönheitstypologien und die färben natürlich auf die News-Moderatorinnen ab. Im Moment beeinflussen Social Media die Frauen sehr. Die Welt ist äusserst durchlässig geworden. Alle wollen ein bisschen gleich aussehen. Diese Haltung prägt auch die News-Sendungen – hier spielen vor allem US-Sender eine Vorreiterrolle.»
Konkret: Gefragt ist aktuell ein Typ, wie ihn zum Beispiel Sängerin Taylor Swift (29) verkörpert. Eine Studie der Uni Austin Texas, die 400 Exponentinnen von lokalen TV-Stationen unter die Lupe genommen hat, kommt zu folgendem Schluss: 95,8 Prozent der Frauen haben gerades Haar, zwei Drittel davon tragen es halblang oder eher kürzer, die Hälfte davon ist blond.
Moderatorinnen sollen sich wohlfühlen
Dass das Auge des Betrachters häufiger auf Moderatorinnen fällt und nicht auf männliche Pendants, hat mit Sexismus nichts zu tun. Frauen haben bei einem konventionellen TV-Sender viel mehr Outfit-Wahlmöglichkeiten als Männer, bei denen ein profaner Anzug die Norm ist. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit auch grösser, dass Frauen eher auffallen und schlimmstenfalls danebengreifen.
Beim SRF zeichnet Chefstylistin Tatjana Kotoric für das Äussere verantwortlich. Grundsätzlich sagt sie: «Wir arbeiten pro Person einen Look aus, der auf die Stylingrichtlinien, die Sendung, den Typ und das Studio angepasst wird.»
Punkto Haare pflichtet sie bei: «Tatsächlich kann man auch international beobachten, dass längere und hellere Haare im Trend sind.» Und sie unterstreicht: «Wichtig ist, dass sich die Moderatoren in ihrem Look wohlfühlen und eine sympathische Ausstrahlung haben.» Grundsätzlich hat die Konzentration auf Äusserlichkeiten sein Gutes. Wer sich viel um die Haare kümmert, kommt nicht dazu, die Fakten zu frisieren.