Wer diese Kolumne seit längerem liest, weiss, dass ich wohl aus schierem Neid einen ausgeprägten Maria-Furtwängler-Abwehrreflex pflege. Der ist in dieser Folge aber gänzlich unbegründet. Schon in der ersten Szene wirds spannend: Kommissarin Charlotte Lindholm (Furtwängler) befindet sich im Schwitzkasten eines Geiselnehmers, ihre neue Kollegin Anais Schmitz (Florence Kasumba) steht mit gezückter Waffe davor – und schiesst.
Der Mann, ein Ex-Soldat, redet kurz vor dem Schuss wirres Zeugs, von Stimmen in seinem Kopf. Zu Hause liegt die Leiche seiner Frau. Klarer Fall: posttraumatische Belastungsstörung. Wenn da nur der kleine Sohn im Haus nicht wäre, der sich in einem Schrank versteckt hat. Der sagt, es seien zwei Menschen im Haus gewesen. Und wenn da nicht die Kollegen des Soldaten wären, die sich nach einem Einsatz in Mali anscheinend reihenweise selbst umbringen. Und wenn da nicht plötzlich so ein seltsames Geräusch in Anais Schmitz’ Kopf wäre.
Das Militär hat seine Finger im Spiel
Bald ist man im allerschönsten Thriller um Hirnforschung, Militär, 5G-Mobilfunkstrahlen, die sogenannten MK-Ultra-Geheimexperimente der CIA in den 1970er-Jahren und die Forschung nach dem zombieartig kontrollierbaren Supersoldaten. Ich habe diese Folge geliebt. Einziger Wermutstropfen: Der aufgesetzte Zickenkrieg zwischen Lindholm und Schmitz ist angesichts dieses Stoffes unnötig – genauso wie das sich abzeichnende Liebesdreieck.
Für die, die dies mochten, gibts hier noch einen Hinweis: Falls Sie jemals über den Film «Jacob's Ladder» (das Original von 1990, nicht das Remake von 2018) stolpern sollten – der hat eine ähnliche Thematik. Und ist noch spannender.
Tatort: «Krieg im Kopf», 20.05, SRF 1
Wertung: Viereinhalb von fünf