Ich für meinen Teil bin ja froh, bin ich sozusagen «sozialtot». Das soll das Jugendwort für Menschen wie mich sein, die kaum oder gar nicht auf Social-Media-Plattformen wie Facebook (eh für Alte), Instagram oder Snapchat und so weiter aktiv sind. Froh darüber bin ich deshalb, weil zunehmend klar wird: Die «sozialen» Medien sind das Gegenteil von sozial, sie führen nicht nur via Verbreitung von Falschinformationen zur Zersetzung der Demokratie, sie führen auch viele in die soziale Isolation. Und der psychischen Gesundheit, so belegen diverse Studien, sind die Jagd nach Likes und das Sammeln von virtuellen Freunden generell abträglich.
Insofern hinkt der heutige norddeutsche Tatort «Treibjagd» der aktuellen Diskussion über Social Media schwer hinterher: Da ist eine ganze Nachbarschaft verlinkt und schliesst sich gegen Kommissar Falke zusammen. Eine Einbruchserie erschüttert seit längerem die Gegend – und die gängigen Stammtischhetzgespräche von wegen «Da muss mal einer richtig aufräumen» haben sich ins Netz verlagert. Bis einer wirklich aufräumt und einen Einbrecher erschiesst. Kommissar Falke glaubt nicht an die Notwehr-Version, die der Mann ihm auftischt, und geht mit ihm hart ins Gericht – bis dieser einen Herzinfarkt erleidet. Das macht natürlich auf der erwähnten Plattform die Runde – und Falke sieht sich und seinen Sohn bald in Gefahr.
Es folgen eine leidlich spannende Such- und Verfolgungssequenz und die sich langsam entwickelnde Überzeugung: Hier wurde eine grosse Chance vertan, eine wirklich relevante Aussage über Social Media zu treffen. Die da hätte sein können: Besser sozialtot als tot.
Tatort «Treibjagd», 20.05 Uhr, SRF 1. Drei Sterne von fünf.