Unsere Rechtsprechung ist leider nicht unbedingt gerecht, weil es «die Gerechtigkeit» absolut gesehen schlicht nicht gibt. Unser Recht ist ein menschengemachtes Gefüge, eine Einigung darauf, was wir als Gesellschaft als richtig erachten – und was nicht.
Ein Punkt, dem sicher viele zustimmen: Ein von einem Gericht Freigesprochener darf nicht bei jedem neuen, noch so weit entfernten Verdachtsmoment sofort wieder auf den Polizeiposten gezerrt werden. Niemand soll ein Leben lang unter etwas leiden, das er nicht getan hat.
Ein anderer Punkt, bei dem wohl auch jeder zustimmt: Abscheuliche Verbrechen müssen gesühnt werden. Ein solches rollen die Kommissare Alexander Bukow und Katrin König im heutigen Polizeiruf neu auf: Anfang der 1990er-Jahre ist ein Mädchen nach einem Konzert brutal vergewaltigt und erwürgt worden. Der Hauptverdächtige wurde freigesprochen. Nun liegt dank technischen Fortschritts eine neue, genaue DNA-Probe vor. Der nach Jahren so zweifelsfrei überführte Mann darf aber nicht für ein Verbrechen belangt werden, für das er bereits freigesprochen worden ist.
Was tut man, wenn ein solch offensichtlicher Mangel im gesellschaftlichen Vertrag aufreisst? Wenn alle polizeilichen Wege in Sackgassen führen und sich ein widerlicher Mensch dabei noch ins Fäustchen lacht? Das ist die Frage, die sich Bukow und König stellt – die im Übrigen auch da, wie überall, schlimmer als Hund und Katz sind. Und so entfaltet sich in dieser Folge jetzt weniger die wahnsinnig grosse Spannung. Sehenswert ist sie trotzdem – auch grosse philosophische Fragen nach Schuld und Sühne haben einiges für sich.
Polizeiruf: «Für Janina» 20.15 Uhr, ARD