Ich muss zugeben, dass ich niemals freiwillig den Stellbrink-«Tatort» schauen würde, wenn ich es für diese Kolumne nicht müsste. Dieser Gschpürschmi-Blick, diese devote Körperhaltung, dieses aufgesetzt Yoga-Sanfte, mir sträuben sich bei diesem Charakter seit jeher die Nackenhaare.
Aber: nicht mehr! Heute Abend läuft Stellbrinks allerletzter Fall, Schauspieler Devid (kein Druckfehler) Striesow scheint nach fünf Jahren auch keine Lust mehr auf Stellbrink zu haben.
Und: Oh Wunder! In seiner letzten Folge läuft Stellbrink zu guter Form auf – auch wenn der Fall etwas verwirrlich ist. Eine Krankenschwester-Schülerin liegt nackt und tot
im Bett ihrer besten Freundin auf dem Schulcampus. Besagte beste Freundin sieht ihr zudem zum Verwechseln ähnlich. Sie arbeitet als freiwillige Krankenschwester bei einer charismatischen Ärztin, welche Flüchtlinge und Papierlose gratis behandelt. Die Ermittlungen gehen in alle Richtungen. Hat einer der Illegalen, der verdeckt für den Staatsschutz spitzelt, etwas damit zu tun? Oder handelt es sich doch um ein Sexualdelikt? Ist die Falsche oder die «Richtige» gestorben?
Nur so viel: Es wird höchst dramatisch, und der Plot nimmt überraschende Wendungen. Wenn er sich stellenweise leicht verzettelt – sei’s drum. Das angenehm Überraschende an diesem «Tatort» ist nämlich auch, dass Stellbrinks Emotionalität für einmal der Handlung angemessen und nicht überzeichnet wirkt. Und so sieht man den Kommissar nach dieser allerletzten Folge fast mit leichtem Bedauern gehen. Und für einmal ganz ohne gesträubtes Nackenhaar.
Tatort «Der Pakt», 20.05 Uhr, SRF 1, Sterne: Dreieinhalb von fünfen.