Man kann sich stets auf Negatives konzentrieren im Leben, und findet so immer was, worüber man jammern kann. Im Falle dieser Lüneburger Folge mit Grosz und Falke sind das zunächst zwei Dinge: zum einen die teilweise doofen Dialoge. Oder können Sie sich vorstellen, Ihren ungeliebten Arbeitskollegen mit detaillierten Informationen zu Ihrem Sexleben zu unterhalten? Eben. Zum andern nerven anfänglich die Voice-Overs über der Handlung, bei denen man dem Autor der Folge nochmals die erste Regel allen kreativen Schreibens zurufen will: «Show, don’t tell» – erzähle eine Geschichte durch Handlungen, statt diese zu beschreiben.
Erst mal halblang
Man kann aber, sowohl im Leben wie auch im «Tatort», erst mal einen Schritt zurücktreten und annehmen, dass es für Dinge, die uns mies aufstossen, wohl gute Gründe gibt. In der Lüneburger «Tatort»-Folge stellt sich bald heraus, dass alles, was diese Voice-Overs erzählen, nicht ganz stimmen kann. Denn Grosz und Falke sitzen separat im Verhörzimmer und müssen Auskunft darüber geben, was in ihrem letzten Fall schiefgelaufen ist: Sie hätten einen mutmasslichen syrischen Kriegsverbrecher überprüfen sollen, nun ist er verschwunden und eine junge Frau ist tot. Die Versionen, die die beiden im Verhörzimmer von sich geben, unterscheiden sich beträchtlich. Stellt sich alsbald die Frage: Wer will hier wen in die Pfanne hauen? Und weshalb?
Erst genervt, dann beeindruckt
Fazit: Was leicht nervig beginnt, entwickelt nach einer Viertelstunde einen ziemlichen Sog – ist die clever verschachtelte, erst ganz zum Schluss aufgelöste Geschichte zu Ende, will man den Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf was ganz anderes zurufen. Nämlich: Chapeau!
Tatort «Alles, was sie sagen», 20.05 Uhr, SRF 1
Wertung: fünf Sterne von fünf