Manchmal gibts im «Tatort» krampfhafte Experimente, es «anders» zu machen, sich selbst nicht so ernst zu nehmen oder lustig zu sein. Oft resultieren daraus, um es gelinde auszudrücken, Peinlichkeit und Langeweile.
Und dann gibt es den knuffigen Kommissar Thiel und den arrogant-zynischen Gerichtsmediziner Professor Boerne – und das Autorenduo Stefan Cantz und Jan Hinter. Die haben das Klamauk-Duo mit den intelligenten Plots erfunden und schreiben heute noch einzelne Folgen.
Die Hölle ist Bürokratie
Heute Abend ist aber der kongeniale, zweifache Grimme-Preisträger Magnus Vattrodt am Zug – und auch er hat eine Geschichte erfunden, die die Fans des unkonventionellen Münster-«Tatorts» nicht vergraulen wird. Er schickt Boerne in die Unterwelt, genauer in die Vorhölle: Dunkelgrüne, endlose, feuchte Gangschluchten in einem Bürogebäude, Neonlicht und ewiges Ausfüllen von Formularen können einen Geist wie Boerne aber nicht auf die Länge fesseln – er flieht in die Oberwelt, wo er nicht nur den versuchten Mord an sich selbst aufzuklären versucht, sondern auch einige unangenehme und (man glaubt es kaum) einige angenehme Wahrheiten darüber hören muss oder darf, wie ihn seine Kollegen so wahrnehmen.
Immer Frisches aus Münster
Man kann dem Münsteraner «Tatort» Klamaukigkeit vorwerfen oder den oft recht irren Humor nicht mögen – er ist aber nie unoriginell, nie klischiert und kaum je langweilig. Cantz, Hinter und auch Vattrod schaffen damit etwas, was nur wenigen «Tatort»-Autoren gelingt: das leider allzu oft ausgelutschte Krimi-Genre immer wieder zu erweitern und so frisch zu halten.
Tatort: «Limbus», 20.15, Das Erste
Wertung: Vier von fünf