So ein paar Dinge ziehen ja im «Tatort» immer. Neben entführten Kindern sind das Neonazis. Ui, Neonazis. Meist sind die Rollen mit dumpfblond-teigigen Arbeitern oder scharfgesichtigen blond-arischen Drahtziehern besetzt, und das Feindbild ist bedient. Nun finde ich Neonazis per se natürlich zum Erbrechen, keine Frage. Als Milieu scheint das Ganze von der Schweiz aus gesehen aber einfach ziemlich platt. Nicht schon wieder, denke ich – und werde eines Besseren belehrt.
Denn der zweite Fall der neuen Schwarzwald-Ermittler Friedemann Berg und Franziska Tobler ist wie Omas gutbürgerliche Küche: Langsam köchelt die Suppe aus einfachen Zutaten vor sich hin, bis so richtig herzhafte Kost entsteht.
Nach Herzhaftem vom Land sehnt sich auch Kommissar Berg: Er würde eigentlich gern den Hof seines Vaters richtig weiter bewirtschaften, steht aber allein und wegen der Konkurrenz billiger ausländischer Produzenten so unter Druck, dass er das neben seiner Arbeit nicht schafft.
Er bewundert seinen alten Schulfreund: Der setzt mit seiner intakten Familie konsequent auf Bio, alle arbeiten wie früher idyllisch gemeinsam Hand in Hand. Bis die Tochter Sonnhild stirbt – an Diabetes.
Was zunächst nach einem Missgeschick mit Insulin aussieht, erhält bald eine finstere Komponente: Der behandelnde Arzt ist ein alter Nazi, und mit dem Schwiegersohn scheint auch nicht alles ganz in Ordnung.
Berg wird in eine Zerreissprobe seiner eigenen, widersprüchlichen Sehnsüchte geworfen – und das ist einfach eine sehr gut erzählte Geschichte, klischierte Neonazis hin oder her.
Tatort «Sonnenwende», 20.05 Uhr, SRF 1 : Vier von fünf Sternen