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Streaming-Kolumne zu «The Inventor – Out for Blood in Silicon Valley»
Wie die bizarre Biotech-Unternehmerin Elizabeth Holmes alle täuschte

Mit 19 Jahren gründete Elizabeth Holmes ihr Biotech-Unternehmen Theranos. Sie wurde als neuer Star im Silicon Valley gefeiert und schaffte es auf die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt. Doch ihr Erfolg verpuffte: Die Amerikanerin hatte alle getäuscht.
Publiziert: 01.04.2019 um 21:45 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2019 um 07:05 Uhr
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Elizabeth Holmes wurde als neuer Star im Silicon Valley gefeiert und schaffte es auf die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt.
Foto: CNBC
Vanja Kadic

Über Memes bei Twitter hörte ich erstmals von Elizabeth Holmes (35). Wer war die Frau mit der tiefen Bariton-Stimme und dem starren Blick, über die sich die User lustig machten – und warum war sie plötzlich in aller Munde? Der Grund ist die neue HBO-Dokumentation «The Inventor – Out for Blood in Silicon Valley», die sich dem rasanten Aufstieg und dem tiefen Fall der Biotech-Unternehmerin widmet.

Holmes wollte Bluttests revolutionieren

Mit gerade mal 19 Jahren gründete Elizabeth Holmes das Laborunternehmen Theranos. Dafür schmiss die Amerikanerin ihr Studium an der Elite-Uni Stanford. Aus dem Keller eines Hauses von Stanford-Studienkollegen begann sie, vollzeit an ihrem Unternehmen zu arbeiten und Investorengelder zu akquirieren. Ihre Idee: Holmes hatte die Vision, Bluttests zu revolutionieren. Dafür entwarf sie einen Abnahmestift und eine Maschine, den nach dem US-Erfinder Thomas Edison (1847- 1931) benannten «Edison», der Blutuntersuchungen vereinfachen sollte. Theranos versprach, Blut kostengünstiger und schmerzfreier – nur mit einem kleinen Pieks und mit viel kleinerer Menge – auf Krankheiten testen zu können. 

Schnell wurde Holmes zum gefeierten Star im Silicon Valley: 2015 wurde ihr Vermögen von «Forbes» auf 3,5 Milliarden Dollar geschätzt. Die Unternehmerin belegte damit Platz 360 der reichsten Menschen der Welt. Das «Time»-Magazin zählte sie im gleichen Jahr zu den hundert einflussreichsten Personen der Welt.

Theranos ging eine Kooperation mit dem US-Apothekenriesen «Walgreens» ein. In 40 Filialen konnten Kunden sich Blut abnehmen und auf bis zu 70 verschiedene Krankheiten testen lassen. Das Problem: Theranos testete nicht wie angegeben alle Blutproben, sondern nur einen Mindestanteil mit den eigens entwickelten «Edison»-Maschinen, die gemäss ehemaligen Mitarbeitern nur fehlerhaft oder gar nicht funktionierten. Die restlichen Blutproben wurden von Drittanbietern untersucht.

Der einst gefeierten Self-Made-Milliardärin drohen bis zu 20 Jahre Haft

Im Oktober 2015 begann der tiefe Fall von Elizabeth Holmes und Theranos: Das «Wall Street Journal» äusserte in einem Artikel als erstes Zweifel an der Wirksamkeit der Bluttests. Daraufhin wurde Holmes die Lizenz zum Betrieb von Laboren entzogen. Die Kooperation mit «Walgreens» wurde aufgelöst, weitere Deals platzten. Die US-Gesundheitsbehörde deckte Mängel im Labor der Firma auf, die Börsenaufsicht und das Justizministerium ermittelten ebenfalls. 2018 wurde Holmes wegen Betrugs angeklagt – sie soll Investoren und Kunden betrogen haben. Der einst gefeierten Self-Made-Milliardärin drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Sie schaffte sich ein bizarres Image

«The Inventor» beschreibt auf spannende Weise, wie Holmes alle täuschen konnte. Investoren, die über Jahre mehrere Millionen Dollar in die Firma steckten, Kunden, die Presse und Mitarbeiter fielen auf die Unternehmerin herein – oder wollten nicht glauben, dass Holmes' Vision sich nicht verwirklichen lassen kann. Der Dok erzählt die unglaubliche Geschichte einer faszinierenden Persönlichkeit und erklärt, wie Holmes etwa mit ihrer äusseren Erscheinung spielte, um sich im Silicon Valley zu behaupten. Sie schaffte es, ein geheimnisvolles Image zu erschaffen, das heute betrachtet, durchaus bizarr erscheinen mag. 

Holmes war besessen von Steve Jobs

Abgeschaut hat sie sich dabei einiges von Apple-Gründer Steve Jobs (†56). Von der Tech-Ikone sei Holmes laut ehemaligen Mitarbeitern regelrecht besessen gewesen: Wie Jobs trug Holmes ausschliesslich schwarze Rollkragen-Pullover des japanischen Designers Issey Miyake. «Meine Mutter steckte mich in schwarze Rollkragenpullover, seit ich acht bin», sagte sie 2015 zu «Glamour». «Ich habe 150 davon, es ist meine Uniform. Es macht es einfach, jeden Tag das Gleiche anzuziehen – eine Sache weniger, über die ich nachdenken muss. Mein ganzer Fokus liegt auf meiner Arbeit. Ich nehme es so ernst. Ich bin sicher, dass sich das auch in meiner Kleidung zeigt.» Auch Jobs trug die schwarzen Pullover, um seinen Alltag zu vereinfachen und sich einen unverkennbaren Stil zu schaffen. 

Ihre tiefe Stimme soll ein Fake sein

Holmes gab weiter an, nur vier Stunden pro Nacht zu schlafen und sich von grünen Säften und Salat zu ernähren – Steve Jobs soll nur Früchte und Nüsse zu sich genommen haben. Sogar ihre tiefe Stimme soll ein Fake sein. So habe sie sich als Führungsposition mehr Respekt verschaffen wollen. Frühere Wegbegleiter oder Professoren geben in «The Inventor» und Interviews an, dass Holmes früher deutlich höher sprach. Im Netz sind vereinzelt Videos zu finden, in denen Holmes ohne Bariton-Stimme zu sehen ist.

«Es war an einer der Firmenfeste, vielleicht hat sie zuviel getrunken, aber sie vergass ihre Rolle und offenbarte, dass es nicht wirklich ihre echte Stimme ist», verriet ein ehemaliger Theranos-Mitarbeiter. Auffällig ist auch, dass Holmes kaum blinzelt. «Wie sie einen mit ihren grossen, blauen Augen ansah, ohne zu blinzeln, verlieh einem das Gefühl, das Zentrum der Welt zu sein», schrieb Autor John Carreyrou in seinem Buch «Bad Blood», das vom tiefen Fall von Theranos handelt. «Es war fast hypnotisch.» 

Mir gefiel «The Inventor - Out for Blood in Silicon Valley», obwohl ich mich nicht unbedingt für Tech-Themen interessiere. Allein der Mythos Elizabeth Holmes ist spannend. Der Nachteil am Film: Der HBO-Dok ist in der Schweiz noch nicht verfügbar. 

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