SRF hat historisch wertvolle TV-Aufnahmen gelöscht
Nur drei «Teleboys» haben überlebt!

Die Sondersendung zur Mondlandung, die vom Schweizer Fernsehen 1969 ausgestrahlt wurde, existiert nicht mehr. Die Archivbänder zum Zeitdokument wurden leichtfertig überspielt. Auch viele andere Sendungen fielen den fragwürdigen Aufräumaktionen zum Opfer.
Publiziert: 21.07.2019 um 23:02 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2021 um 00:03 Uhr
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TV-Legende Max Sieber war bei der Sondersendung zur Mondlandung Sendeleiter. Er produzierte auch den «Teleboy».
Foto: Thomas Meier
Michel Imhof

Es wäre ein Zeitdokument von unvorstellbarem Wert gewesen: Das Schweizer Fernsehen löschte in einer Aufräumaktion die Sondersendung zur Mondlandung, die sich am Samstag zum 50. Mal jährte. Es ist also unmöglich, die damalige Berichterstattung von Mathematiker Bruno Stanek (75) und Moderator Charles Raedersdorf (84) noch einmal anzusehen. «Die Aufzeichnungsbänder waren damals sehr teuer, weshalb das Band mit der Eigenproduktionssendung der Mondlandung später wieder überspielt worden ist», bestätigt eine SRF-Sprecherin gestern dem SonntagsBlick.

Doch die Sondersendung zur Apollo-11-Mission ist kein Einzelfall, weiss TV-Legende Max Sieber (76), der bei der Mondlandungs-Berichterstattung Sendeleiter war und auch den «Teleboy» produzierte: «Von ‹Teleboy› sind heute lediglich drei von 36 Episoden archiviert, nur vereinzelte Einspieler sind noch zu finden.» Die legendäre Samstagabendshow bescherte dem Schweizer Fernsehen immer wieder Quotenrekorde, darunter die mit zwei Millionen Zuschauern höchste je gemessene Einschaltquote der Geschichte.

«Es gleicht einem Verbrechen»

Auch die Aufnahmen der meisten Liveunterhaltungssendungen von Sendebeginn bis Mitte der 80er-Jahre, darunter alle Sendungen des Kabarettisten César «Cés» Keiser (1925–2007), seien vernichtet worden, so Sieber weiter. Das sei damals üblich gewesen und von niemandem hinterfragt worden. «Im Nachhinein gleicht es einem Verbrechen.»

Im Herbst kam meist eine Anweisung vom Fernsehdirektor, im Archiv wieder Platz zu machen. So wurden die alten Aufnahmebänder, die viel Platz benötigten, je acht Kilo wogen und 4300 Franken kosteten, überspielt. «Die Dunkelziffer ist hoch. Bis Mitte der Achtzigerjahre ist ein grosser Teil der Schweizer Fernsehgeschichte verschwunden.» Erst mit der Einführung der Videokassette gab es eine einfachere und günstigere Archivierungsmethode.

Auch Kurt Felix überspielte seine Sendungen

Selbst «Teleboy»-Moderator Kurt Felix (1941–2012) hat sich an der Aufräumaktion beteiligt, wie er einst in einem Interview sagte: «Auch ich gehörte zu diesen Nullcheckern, die aus Sparwut die unsinnigen Vernichtungsaktionen mitmachten, und stampfte fünfzehn ‹Teleboy›-Sendungen ein und wurde für diesen Blödsinn vom Unterhaltungschef hochgelobt.»

Immerhin: Auch andere Sender kämpften mit dem platzintensiven Archiv. Neben dem Schweizer Fernsehen hat auch die britische BBC und der österreichische ORF die Sendung zur Mondlandung überspielt. Sieber nachdenklich: «Bücher würde zu Recht niemand wegwerfen, Sendungen wurden einfach vernichtet. Schade.»

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