In ihrer neuen achtteiligen Serie «Was kostet die Schweiz?» ergründet Nicole Berchtold (41) die Kosten und Hintergründe von verschiedenen hiesigen Lieblingsprodukten. «Die Sendung ist jedoch keineswegs trocken, sondern eine unterhaltsame Verbindung von Recherche und Genuss», erklärt die Berner Moderatorin.
In Folge eins durchleuchtet sie mit der Schokolade ein eigentliches Schweizer Heiligtum und räumt dabei mit Märchen und Mythen auf. So etwa, dass die Schokolade hier erfunden wurde. Eingegriffen haben die Schweizer erst spät, dafür umsatzträchtig und marketingmässig überzeugend – heute würde man von perfektem Storytelling sprechen. 1875 erfindet Daniel Peter aus Vevey die Milchschokolade, Rodolphe Lindt 1879 die Conchier-Maschine, welche die Herstellung von zartschmelzender Schoggi ermöglicht. Um 1900 beginnt die Verbindung der Schokolade mit beliebten Werbesujets wie Bergen und Kühen.
Jeder Vierte verbindet laut einer EDA-Studie unser Land mit Schokolade. 140'000 Tonnen werden jährlich exportiert, der weltweite Umsatz von Schweizer Schoggi beträgt 1,7 Milliarden Franken. Passend fährt Berchtold aufs Jungfraujoch, wo jährlich gegen eine Million Touristen hinreisen. An der Station Eigergletscher auf 2320 Metern über Meer schaut sie in der höchstgelegenen Confiserie Europas vorbei, wo die Eigerspitzli entstehen. «Neun Stück der Pralinen in einer passenden Schachtel kosten 29 Franken, der beste Beweis, wie Handwerk und Marketing auf den Preis einwirken. Und der Kunde bezahlt ihn ohne Murren.»
Beim Bauern bleibt immer weniger hängen
Das Grundprodukt jedoch, die Kakaofrucht, ist alles andere als attraktiv, wie Berchtold bei ihrer Tour im Botanischen Garten der Uni Zürich selbst sieht. «Das Innere einer Kakaofrucht erinnert eher an rohes Poulet und schmeckte sehr bitter – nachdem ich mich überwunden hatte, es zu kosten», so Berchtold. Obschon für eine Tonne Bio-Kakao bis zu 2900 Franken bezahlt werden, bleibt beim Bauern wenig hängen. Wurden in den 1960er-Jahren rund 20 Prozent des Verkaufspreises einer Tafel ausgezahlt, waren es 2016 noch knapp sechs Prozent.
Ein weiteres Märchen betrifft das Einschmelzen von unverkauften Samichläusen und Christbaumschmuck zu Osterhasen. Finanziell wäre das überhaupt nicht rentabel. Die Schoggi müsste bei Tausenden Händlern abgeholt, dann ausgepackt, eingeschmolzen, neu geformt und verpackt werden. Zusätzlich wäre die Wiederverwendung punkto Hygiene problematisch.
Schweizer sind wirklich Schoggikenner
Ebenfalls umstritten: Ist der Preis von Schoggi am Geschmack erkennbar? Nicole Berchtold prüft auf dem Zürcher Sechseläutenplatz den Gaumen von Passanten. Das Testergebnis ist eindeutig: Wir Schweizer sind Schoggikenner. Qualitätsmerkmale sind ein schöner Glanz, ein flüchtiges Aroma und das charakteristische «Klack» beim Brechen samt feiner Partikel auf der Bruchkante.
Macht Schoggiessen glücklich?
Auch nach der Sendung ist Berchtold der Schokolade nicht überdrüssig. «Von billig bis teuer mag ich eigentlich alles, am liebsten die gewöhnliche Milchtafel. Schokolade macht mich glücklich, auch wenn das nur ein psychologisches Phänomen ist.»
Dass Schoggi wirklich glücklich macht, kann wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden. Das im Kakao enthaltene Tryptophan stimuliert zwar die Serotoninausschüttung im Gehirn. Diese ist jedoch so gering, dass eine Messung der dadurch ausgelösten Glücksgefühle wissenschaftlich nicht möglich ist. Auch das ist also ein halbes Märchen, wenn auch ein köstliches!
«Was kostet die Schweiz?», ab Donnerstag, 16. Januar, wöchentlich auf SRF 1, 21.05 Uhr
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