Für einmal war es nicht seine Idee: Mitte Woche kam es zu einem kontroversen Talk zwischen Roger Schawinski (74) und TV-Direktorin Nathalie Wappler (51). Es war das letzte von einigen Gesprächen, in denen sein Abgang geregelt werden sollte. Die Stimmung war angespannt. Schawinski hegte bis zuletzt Hoffnungen für seine Montagabendsendung. Der ihm wohlgesonnene frühere TV-Direktor Ruedi Matter hatte Schawinskis Vertrag bis Ende 2019 verlängert. Und «Schawi» hoffte, dass ihn Wappler nochmals erneuern würde – vergeblich. «Die Diskussionen haben länger gedauert», sagt er gegenüber SonntagsBlick. «Dieses letzte Gespräch fand am Mittwoch statt.»
«Roger war natürlich enttäuscht»
SonntagsBlick wusste bereits am Dienstag, dass es zum Showdown kommen könnte und verschickte ein paar Fragen an Wappler. Darunter auch jene, ob «Schawi» zum Bauernopfer werden sollte. Denn das Unternehmen muss für 2020 kurzfristig zusätzliche 16 Millionen Franken einsparen. Seine Sendung kostet aber lediglich 15'000 Franken. Man spart also nicht viel mit seiner «Entsorgung» und holt sich bloss ein bisschen Applaus bei seinen renitenten Gegnern.
Am Freitag reagierte SRF mit einer Medienmitteilung. Wappler dazu: «Roger war natürlich enttäuscht, zeigte aber auch Verständnis, dass wir in unserer aktuellen finanziellen Situation nicht um Massnahmen im Programm herumkommen.»
«Tatort»-Frauen müssen bluten
Doch wirken genau diese Massnahmen grösstenteils planlos und hektisch vorgenommen. Anfang der Woche gab SRF bekannt, ausgerechnet beim umgekrempelten «Tatort» anzusetzen. Nächstes Jahr gibt es nur eine Folge mit den neuen Ermittlerinnen Carol Schuler (32) und Anna Pieri Zuercher (40) statt zwei. Gleichzeitig beerdigte man «Sternstunde Musik» und «Arena/Reporter», «Schawinski» und das Wirtschaftsmagazin «Eco» wurden am Freitag nachgeschoben.
Angst am Leutschenbach
Seither geht am Leutschenbach die Angst um: Welche Sendung trifft es als nächste? Mitarbeiter bangen um ihre Stellen, die Abgänge von prominenten Gesichtern bereiten Sorge. Fast in jeder News-Redaktion muss gespart werden – etwa bei der «Rundschau». Hat SRF jetzt ein Imageproblem? SonntagsBlick weiss auch: Ausgerechnet die Prestige-Sendung «Hallo SRF!», in der Zuschauer Fragen zum Programm stellen konnten, wird aus Spargründen 2020 in dieser Form nicht weitergeführt.
Serienfan Marchand trifft der Bumerang
Wie sich nun zeigt, kam die Sparhektik auch deshalb so plötzlich auf, weil Gebührengelder schon langfristig verplant sind. Nach der No-Billag-Abstimmung 2018 kündigte SRF-Direktor Gilles Marchand (57) an, dass er nicht nur hundert Millionen Franken sparen, sondern 20 Millionen reinvestieren wolle – vor allem in fiktionale Projekte. Noch Anfang Jahr versprach er, man werde bis 2023 sieben bis acht Serien im Programm haben. Überlegung: je mehr Filme und Serien, desto mehr Masse und Zustimmung im Volk. Ein klassischer Bumerang: Serien haben einen langen Vorlauf – kurzfristige Spareingriffe sind unmöglich.
Nebenschauplatz «Seitentriebe»
Im Januar wird die dritte Staffel der Prestige-Serie «Wilder» (750'000 Franken pro Folge) gedreht. Über 270'000 Franken verschlingt zum Beispiel auch eine einzelne Episode der lauwarmen Serie «Seitentriebe», die auf dem zweiten Kanal verlocht wurde. SRF wertete vor allem die 80'000 Onlinezuschauer als Erfolg. Die zweite Staffel mit acht weiteren Folgen ist abgedreht. Jetzt blieb nichts mehr anderes übrig, als dafür den «Tatort» auf kleiner Flamme zu halten.
Baustelle Sonntagabend
Eine weitere teure Baustelle bleibt der Comedy-Sonntagabend, eine einzelne Sendung kostet jeweils rund 90'000 Franken. Gerade ist «Late Update» von Michael Elsener (34) mit einer höchst bescheidenen Quote in die zweite Staffel gestartet. Doch Wappler hält am eingeschlagenen Weg fest: «Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir am Sonntagabend etwas Neues ausprobieren wollen und den Sendungen Zeit geben. Daran hat sich nichts geändert. Beide Sendungen sind auch 2020 im Programm.» Ein grosser Plan ist auch hier nur schwierig zu erkennen.
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