«Das Bedürfnis nach Information ist gross»
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Franz Fischlin wird 60:«Das Bedürfnis nach Information ist gross»

«Mister Tagesschau» wird 60
«Tiktoken macht Spass»

Die «Tagesschau» knackte 2021 wegen Corona mehrmals die Millionengrenze. Franz Fischlin erzählt, warum ihn das Virus zweimal erwischte, und spricht über sein zweites Leben als Hausmann.
Publiziert: 16.01.2022 um 10:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2022 um 11:25 Uhr
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«Tagesschau»-Moderator Franz Fischlin.
Foto: SRF/Gian Vaitl
Interview: Peter Padrutt und Jean-Claude Galli

Franz Fischlin wird im November 60 und ist seit bald 18 Jahren «Mister Tagesschau». Im SonntagsBlick spricht der privat zurückhaltende Franz Fischlin (59) erstaunlich offen über seine Ansteckung mit Corona, sein neues Leben als Tiktoker, Elternabende und Plaudereien, wenn er im Supermarkt den vollen Einkaufswagen schiebt.

SonntagsBlick: Herr Fischlin, Ueli Schmezer ist Ende 2021 beim «Kassensturz» mit 60 ausgestiegen. Hören Sie nun bei der «Tagesschau» auch bald auf?
Franz Fischlin: Oh, gilt neuerdings eine Altersguillotine bei SRF? Das wusste ich gar nicht (lacht).

Sie sind dynamisch, energievoll und beliebt. Aber sollte man nicht aufhören, wenn es am schönsten ist?
Das stimmt. Ich will mir aber offenlassen, wann Schluss ist.

Sie haben begonnen, auf Tiktok Beiträge zu realisieren. Wollen Sie sich damit bei den Jungen einschmeicheln?
Nein. Es geht uns darum, die Jungen dort abzuholen, wo sie sind. Und Tiktok ist bei ihnen sehr beliebt. Die überwältigend vielen positiven Reaktionen zeigen, dass die Jungen sehr dankbar sind, dass wir in Kontakt mit ihnen sind. Und auch im Dialog. Diese Nahbarkeit ist wichtig. Auch eine gewisse Leichtigkeit und Verspieltheit. SRF News hat jetzt einen eigenen Tiktok-Kanal mit zwei jungen Anchors. Francesca Dougan (17) und Leon Morson (19). Sie machen das super. Ich bin nur punktuell im Einsatz.

Haben Sie Ihre drei jüngsten Kinder, die 16, 14 und 10 sind, dazu überredet?
Das war nicht nötig. Ich habe, als mich Kolleginnen von SRF anfragten, sofort Ja gesagt. Es macht Spass. Und als die ersten Videos die Runde machten, fanden meine Kinder das toll, weil die «Tagesschau» nun auch in der Welt auftaucht, in der sie und ihre Gschpänli sind. Ich sei so was wie eine Legende, meinten sie scherzend.

ZDF-Legende Claus Kleber vom ZDF-«heute journal» hat jüngst bei seinem Abschied mit 66 gesagt: «Wer sich hier jeden Tag einen Reim auf die Nachrichten macht, der kann nicht anders als mit Sorgen nach vorne schauen.» Sieht man die Welt schwärzer, wenn man täglich über Katastrophen berichtet?
Ich bin und bleibe ein optimistischer Mensch. Der News-Job hat meine Sicht auf die Welt nicht eingetrübt. Im Gegenteil. Ich sehe es sogar als Gewinn und Privileg an, so nah an vielen Informationen zu sein und vom Fachwissen anderer, Expertinnen und Experten, aber auch Kolleginnen und Kollegen, profitieren zu dürfen. So lerne ich nie aus.

Der Schweiz macht zurzeit Omikron viel Sorgen. Haben Sie keine Angst, sich anzustecken?
Am Arbeitsplatz, im Newsroom, gelten strikte Massnahmen wie 3G. Und man muss immer eine Maske tragen. Ausser natürlich während der 25-minütigen «Tagesschau» (lacht). Privat bin ich vorsichtig, vor allem wenn es um Treffen in Innenräumen geht. Aber mit drei Kindern in drei verschiedenen Schulen ist das Risiko, angesteckt zu werden, ein permanentes. Ich selber habe mich auch bereits infiziert.

Wirklich? Wann?
Die Ansteckung passierte, bevor Impfen überhaupt möglich war. Ich hatte relativ milde Symptome. Eines meiner Kinder erwischte es ungleich schwerer. Vermutlich wurde ich ein zweites Mal infiziert. Da ich aber keine Symptome hatte, entdeckte ich die Infektion eher zufällig im Nachhinein, als ich einen Antikörpertest machen liess und die Werte ausserordentlich hoch waren. Das ist das Heimtückische an diesem Virus. Man kann es in sich tragen und eine Gefahr für andere sein, ohne es zu wissen.

«Mister Tagesschau» Franz Fischlin

Der Berner Franz Fischlin (59) studierte nach einer Fotografenausbildung Journalistik an der Uni Freiburg und ging dann zum Lokalradio. Im Jahr 2000 startete er bei SRF als Redaktor, seit 2004 moderiert er die Hauptausgabe der «Tagesschau», zwischendurch auch den «Medienclub». Er ist mit Susanne Wille (47) liiert. Gemeinsam sind sie Eltern von drei Kindern. Aus einer früheren Ehe hat Fischlin zwei Töchter.

Der Berner Franz Fischlin (59) studierte nach einer Fotografenausbildung Journalistik an der Uni Freiburg und ging dann zum Lokalradio. Im Jahr 2000 startete er bei SRF als Redaktor, seit 2004 moderiert er die Hauptausgabe der «Tagesschau», zwischendurch auch den «Medienclub». Er ist mit Susanne Wille (47) liiert. Gemeinsam sind sie Eltern von drei Kindern. Aus einer früheren Ehe hat Fischlin zwei Töchter.

Trotzdem: Mag das Publikum überhaupt noch zuschauen, wenn Sie über Corona berichten?
Das Publikumsinteresse ist enorm. Im letzten Jahr hatte die «Tagesschau» an 22 Tagen mehr als eine Million Menschen, die um 19.30 Uhr einschalteten. Im Schnitt waren es täglich über 750'000. Vor der Pandemie waren die Quoten tiefer.

Sie arbeiten noch 60 Prozent bei der «Tagesschau» – auch weil Ihnen die Schwere der Bad News auf der Seele lastet?
Nein, aus privaten Gründen. Meine Frau hat einen sehr anspruchsvollen und zeitintensiven Job als Leiterin der Abteilung Kultur von SRF. Dank des reduzierten Pensums kann ich zu Hause noch mehr anpacken.

Wie sieht ein Hausmann-Tag von Franz Fischlin aus? Trifft man Sie auch mal in der Migros an?
Selbstverständlich. Ich schiebe regelmässig meine übervollen Einkaufswagen durch die Läden, in denen ich einkaufe. Und schleppe dann die gefühlten 50 Taschen nach Hause. Sie können sich gar nicht vorstellen, was eine fünfköpfige Familie so alles verspeist (lacht). Und auch sonst der ganze normale Haushaltsalltag mit Kochen, Putzen, Wäschewaschen, Aufräumen, den Kindern bei Hausaufgaben helfen, sie in ihren Entscheidungen unterstützen und bei Alltagssorgen helfen usw. Langweilig wird es mir jedenfalls nicht.

Wie reagieren die Leute auf Sie, wenn Sie in einem Umfeld abseits der Kamera unterwegs sind?
Zurückhaltend, aber eigentlich immer positiv. Manche nicken mir einfach freundlich zu. Andere sprechen mich direkt an, und man wechselt ein paar Worte. Vor ein paar Tagen begegnete ich auf der Strasse einer jungen Familie. Die Mutter erzählte, dass sie halb Kasachin/halb Ukrainerin sei und sich sehr für die Berichte der «Tagesschau» interessiere. Es entwickelte sich ein spannendes Gespräch über Weltpolitik und Medien. Mit einem gemeinsamen Foto am Schluss.

Und wie ist es eigentlich an einem Elternabend, wenn Sie und Ihre Frau Susanne auftauchen? Heisst es da: «Vorsicht, was wir erzählen, sonst kommen wir noch im Fernsehen»?
(Schmunzelt) Ich denke, dass wir in den Augen der meisten anderen Eltern einfach Susanne und Franz sind. Wir leben ja jetzt auch schon eine Weile dort, wo wir leben. Und die meisten wissen, wie wir ticken.

Beim SRF und insbesondere den News gibt es zurzeit grosse technische Veränderungen. Wie wird sich die «Tagesschau» fürs Publikum verändern?
Schon bald ziehen wir in ein neues Studio. Das wird dem Publikum auffallen. Zentral bleibt aber der Inhalt. Und da wollen wir das Angebot weiterhin attraktiv und informativ gestalten.

Sehen Sie für sich in diesem engen Korsett in naher Zukunft überhaupt noch Entwicklungsmöglichkeiten?
Absolut. Die Art, wie News vermittelt werden, verändert sich. Da will und muss ich mithalten.

Die Eingangsfrage steht immer noch im Raum: Werden wir Sie in den nächsten fünf Jahren noch bei der «Tagesschau» sehen?
Fünf Jahre? Ich weiss es wirklich nicht. Wie ich schon eingangs gesagt habe, möchte ich mir das offen lassen.

«Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an», sang Udo Jürgens. Welches sind Ihre grossen Träume für den «Unruhestand»?
Genau, «Unruhestand» ist der richtige Begriff. Oder «weiterhin das pralle Leben leben.» Mit einer dynamischen und engagierten Frau und fünf Kindern ist das ja auch gar nicht anders möglich. Ich werde sicher aktiv bleiben. Sei es zum Teil beruflich mit einzelnen Projekten und auch privat, indem ich Freunde treffe, die bisher etwas zu kurz kamen oder indem ich spontan eine Reise tue oder ein Konzert besuche. Und ja, Sport werde ich hoffentlich auch noch weiter und noch mehr treiben können.

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