Nostalgie, so lehrt uns die Wissenschaft, ist eines der stärksten menschlichen Gefühle. Wir können die Vergangenheit sehen, schmecken, ja sogar riechen.
Das Comeback von «Wetten, dass ..?» gestern Abend war eine Fahrt zurück in eine Zeit, als die Welt noch besser war. Das Leben langsamer und geordneter.
Zumindest stellen wir uns das so vor.
Wir sassen vereint in der Stube, ertrugen geduldig die Plattitüden der Stars, Mama und Papa sprachen über Gottschalks Cowboystiefel, und Wettkandidat Köbi Schwitter – genannt Köbi, die Lunge – liess uns vor Stolz platzen. «Wetten, dass ..?» war ein kollektives Fernseherlebnis.
Ich sah die Show gestern alleine. Ob sie gut oder schlecht war? Das ist unbedeutend. Sie war eine Rückkehr der Gefühle. Fazit: Udo Lindenberg, nuschelnd wie eh und je, sieht noch aus wie vor 40 Jahren.
Mama lebt nicht mehr, Papa schaut im Pflegeheim kaum noch fern. Gottschalk, das Haar weniger golden, schüttelte wie früher Pointen aus dem Ärmel – «Michelle, du hast ja immer zurückgefummelt». Das lange Warten auf den männlichen Teil von Abba machte keine Mühe. Für alte Freunde tut man schliesslich alles.
Aber viele ganz grosse Namen fehlten. Michael Jackson (mit Maske), Inge Meysel (immer etwas giftig) oder Götz George («Komm auf den Film zu sprechen, Thomas!») werden bei Gottschalk nie mehr Platz nehmen.
Früher war alles schöner.
«Wir haben alle geweint hinter der Bühne», sagte Michelle Hunziker. Tränen flossen bei mir nicht. Aber es war eine Zeitreise zurück in eine vermeintlich schönere Welt.
«Ich lass mir heute Zeit», meinte Gottschalk. Davon gab es gestern genug. Von mir aus kann «Wetten, dass ..?» wieder mal kommen.