Die Empörung ist gross seit dem gestrigen Entscheid des SRG-Verwaltungsrats, das Radiostudio Bern nach Zürich zu zügeln. Am Standort Bern herrsche seitdem eine riesige Enttäuschung und grosse Unsicherheit, schildert ein Mitarbeiter gegenüber BLICK die Gefühle der Belegschaft. Mit Namen will keiner aussagen. Eine andere – ebenfalls anonyme – Mitarbeiterin spricht von einer gedrückten Stimmung. «Viele sind frustriert und wütend.» Sie richtet zudem Vorwürfe an die Adresse der SRG-Chefs: «Empörend finde ich, dass man nun plötzlich die Mitarbeitenden einbeziehen will. So betonten gestern die Chefs, der Einbezug der Mitarbeitenden sei nun zentral. Und das, nachdem man sie und ihre Forderungen nach Einbezug monatelang ignoriert hat.»
Ein weiterer sagt: «Mich stört die Aussicht aufs Pendeln oder ein Umzug nach Zürich nicht. Was mich enorm stört: Dass wir den Umzug mit einer Chefredaktion machen müssen, die unser Vertrauen verloren hat. Sie hat es in den letzten Jahren völlig verpasst, den Standort Bern zu stärken und eine Strategie zu entwickeln, wie man hier einen Audio-Online-Politik-Campus aufbauen könnte, der sich gewaschen hat.»
Mehr als 30 Prozent werden gehen
Entsetzt ist auch die SRG-Gewerkschaft, das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM). «Dieser Entscheid ist ein Affront gegenüber den Angestellten, der Politik und der Stimmbevölkerung. Sie büsst damit viel Glaubwürdigkeit ein», sagt Zentralsekretär Jérôme Hayoz zu BLICK. Er kritisiert, «dass weder das SRG-Management noch der Verwaltungsrat der SRG auf unsere Gesprächsangebote eingegangen sind und das Gespräch über unsere konstruktiven Vorschläge, wie man den Standort Bern beibehalten oder gar stärken könnte, verweigert hat».
Hayoz glaubt, dass der Verwaltungsrat der SRG einen Bärendienst erweist, der weitreichende Folgen beim Personal haben wird. Er rechnet mit einer Massenabwanderung. «Jeder Dritte wird kündigen», sagt er dazu. Ein Mitarbeiter, der anonym bleiben will, glaubt, dass jüngere, flexible Mitarbeiter wohl sofort gehen. Ältere, die kaum noch einen neuen Job finden würden, hätten es dagegen weniger einfach. Schwer hätten es zudem jene, die mit ihrer Familie in Bern sesshaft geworden seien. Für sie sei die Situation eine Zwickmühle.
Die Gewerkschaft gibt sich aber noch nicht geschlagen, will die Rechtmässigkeit des definitiven Umzugentscheids prüfen. «Dieser wurde gefällt, ohne dass dem SSM sein im Gesamtarbeitsvertrag verbrieftes Recht auf Anhörung zugestanden worden ist», teilt das SSM in einem Schreiben mit. (std/wyt)
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