Mit «Einer flog über das Kuckucksnest» schrieb Jack Nicholson (82) 1975 Filmgeschichte. Nun wagt sich auch das Schweizer Fernsehen an einen in den 1970er-Jahren angesiedelten Psychiatriestoff. In «Aus dem Schatten – Zeit der Hoffnung» (SRF 1, Sonntag, 20.05 Uhr) von Marcel Gisler (59) brilliert die Zürcher Schauspielerin Anna Schinz (32) als Sozialpädagogin Christa Liniger, die 1977 als neue Sozialdienstleiterin in die ländliche Klinik Sonnenhof kommt.
Reales Vorbild für Liniger ist Pro-Mente-Sana-Mitgründerin Verena Hunziker, bekannte Gegnerin der Anstaltspsychiatrie und Pionierin von sozialpsychologischen Ideen. «Für sie ging es um die Integration der psychisch Kranken, um eine Rückführung in die Gesellschaft», beschreibt Schinz die Figur.
Liniger bewegt sich dabei im fiktiven Spannungsfeld mit dem konservativen Anstaltsdirektor Prof. Sennhauser (Stefan Kurt) und ihrem Freund Marc Bundi (Matthias Britschgi), der an der Klinik als Assistenzarzt tätig ist. «Die gemeinsamen Wertvorstellungen schweisst die beiden als Paar zusammen. Aber der berufliche Alltag wird zunehmend zur Zerreissprobe aufgrund von äusseren Umständen.»
«Umgang mit psychisch Kranken hat nichts an Aktualität eingebüsst»
Schinz, die zuletzt in «Wilder» oder «Private Banking» zu sehen war, hat sich minutiös auf ihre höchst anspruchsvolle Rolle eingestellt. «Die Vorbereitung ist einer meiner Lieblingsprozesse. Nebst diversen Gesprächen mit Psychiatern, die in den 1970er-Jahren ausgebildet wurden, bekam ich auch einen Einblick in den Alltag auf der Akutstation der Psychiatrischen Klinik Rheinau. Verena Hunziker traf ich ebenfalls. Und nicht zuletzt war meine Mutter über Jahre als Psychiatrieschwester tätig, im damals fortschrittlichen Schlössli. Ihre Beschreibungen dienten mir sehr.»
Dass der Stoff für einen TV-Sonntagabend zu schwer ist, glaubt Schinz nicht. «Aus dem Schatten» behandle ein wichtiges Kapitel der Schweizer Psychiatriegeschichte, welches im Bezug auf den Umgang mit psychisch kranken Menschen nichts an Aktualität eingebüsst habe. «Der Film erzählt eine Geschichte nahe am Leben. Und zum Leben gehören heavy stuff und Leichtigkeit.»