Ich muss Ihnen von schleichenden Symptomen erzählen, die mich gestern kurz nach 20 Uhr ereilten. Auf SRF 1 lief gerade die erste Ausgabe des neuen Gesundheits-Quiz «Ärzte VS Internet – mit Dr. med. Fabian Unteregger». Der Vorgang begann mit einem tiefen Atemzug, in dessen Verlauf mein Mund weit geöffnet wurde. Begleitet wurde die Erscheinung von einer seltsamen Lautgebung. Sofort kontaktierte ich Dr. Google, um mehr Informationen zu erhalten. Dort konnte ich herausfinden, dass ich akut von einer Krankheit befallen wurde: dem Gähnen.
Dabei steckt hinter der Sendung eigentlich eine schlaue Idee: Immer mehr Menschen googeln im Internet nach Krankheitssymptomen. Das machte SRF zum Konzept. Patienten werden in diesem Quiz aufgeboten, dann müssen Ärzte und Laien herausfinden, an welcher Krankheit sie leiden. Die Normalbürger tun das mit Hilfe des Internets, die Mediziner vertrauen auf ihr Fachwissen. Als Erster war Jürg (64) an der Reihe, der von beiden Parteien in die Mangel genommen wurde. Sein Schwindel und sein schwallweises Erbrechen entpuppten sich als Morbus Menière. Ein Quiz rund um Krankheiten – warum nicht? Das wirkte zumindest am Anfang spannend und neu in der kränkelnden TV-Landschaft.
Schwere Kost im Sommerprogramm
Das Format, das B&B Endemol Schweiz für SRF produziert, war in Norwegen tatsächlich ein Hit und gewann in Cannes sogar den «International Formats Award». Die Sendung läuft auch in Ländern wie Holland erfolgreich. Ich gebe zu, ich habe mich über diesen Jubel ein wenig gewundert, denn mit der Zeit wirkten die verschiedenen Spielrunden mit Zetteln und Kartonschachteln, in denen mir medizinische Fachausdrücke um die Ohren gehauen wurden, etwas gleichförmig und zäh. Viel Theorie, wenig Praxis wurde geboten. Vor allem fehlen die spielerischen Elemente. Und man spürt: Hier wird gespart – nicht nur beim Dekor. Statt Elektronik gibt es Würfel und Kärtchen. Und der Applaus ist Fake. Es gibt nämlich kein Publikum. Schliesslich haben gestern die Ärzte mit 6 zu 4 Punkten gewonnen. Das ist erfreulich, sonst müssten wir ja nicht mehr zum Doktor gehen.
Fabian Unteregger ganz ernst
Ich habe mir die holländische Version angesehen, und die wirkte auf mich lockerer und straffer. Die muntere Moderatorin hängt nicht so an ihren Kärtchen wie Komiker Fabian Unteregger, der partout zeigen will, dass er als ausgebildeter Arzt auch ernst sein kann. Christoph Mörgeli hätte uns vielleicht ein bisschen zum Lachen gebracht.
Die vielen Leiden und Fachausdrücke, aber auch die komplizierten Erklärungsfilme, machen diesen Krankheitsbrei etwas schwer. Die echten Patienten werden einer nach dem anderen als Diagnosefutter aufgeboten. Für Hypochonder, die sich gerne Gesundheitssendungen anschauen, mag das Quiz ein Genuss sein. Das Konzept hat übrigens einen Fehler: Ärzte würden zur Diagnosestellung nie auf ihr Fachwissen vertrauen, sondern immer zuerst Untersuchungen anstellen.
Isabella (57) hat im Spiegel gesehen, dass ihre Gesichtsfarbe gelb war. Sie leidet an Autoimmunhepatitis. Ich habe wieder einmal etwas gelernt über eine ernste Krankheit. Aber es war etwas schwere Kost an einem schönen Sommerabend. Und ich frage mich, ob ich fünf weitere Folgen durchhalte. Die Gefahr besteht, dass sich bei mir die Kieferbewegungen mit den Lautäusserungen wieder bemerkbar machen. Vielleicht nehmen Dr. Unteregger und seine Leute den Fall ja auf.