Dieses Papier sollte eigentlich geheim bleiben: Die ARD hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die eigene Kommunikation zu verbessern. Nun wurde das 89 Seiten starke Dokument namens «Framing Manual» vom Portal «Netzpolitik» veröffentlicht – und sorgt bei unseren nördlichen Nachbarn für Diskussionen.
Grund: Kritiker werfen der ARD Manipulation vor. «Framing» (engl. für Rahmen) meint das Nutzen bestimmter Wörter und Sprachbilder, welche die Meinung der Empfänger beeinflussen sollen. «Ein Mittel aus Politik und Werbung. Kritiker nennen das Gehirnwäsche», umschreibt «Bild».
Die private Konkurrenz wird negativ behaftet
Das Dokument nennt ganz konkret Beispiele, wie erreicht werden könne, dass die Deutschen wieder wohlwollend über die ARD denken und sprechen würden. Denn in Deutschland sehen sich ARD und ZDF einem massiven Vertrauensverlust ausgesetzt. Wichtig dafür sei deshalb, ein Wir-Gefühl zu erzeugen, heisst es im Papier. Etwa, indem Worte wie «unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD» benutzt würden. Oder: «Die ARD ist der verlängerte Arm des Bürgers.» Und: «Wir nehmen jeden ernst – auch Deine Oma.»
Der Rundfunkabgabezahler soll sich nicht als Konsument oder als Kunde fühlen, sondern als Beteiligter. Wichtig sei auch, sämtliche kommerziellen Konnotationen aus dem Sprachgebrauch zu verbannen, rät das Dokument, mit Begriffen wie «Demokratie statt Umsatz», oder «Andere wollen Geldgewinne. Wir wollen Kulturgewinn». Pikant: Auch die private Konkurrenz kriegt im Manual ein Framing, ein Negatives. Es wird empfohlen, RTL und Co. «profitwirtschaftliche Sender» zu nennen – oder «medienkapitalistische Heuschrecken».
ARD widerspricht den Kritikern
Die ARD wehrt sich in einer Stellungnahme, schreibt: «Es handelt sich ausdrücklich weder um eine neue Kommunikationsstrategie noch um eine Sprach- oder gar Handlungsanweisung an die Mitarbeitenden, sondern um Vorschläge aus sprachwissenschaftlicher Sicht.» Es sei eine Unterlage, die Teilnehmenden ARD-interner Workshops im Vorfeld als Diskussionsgrundlage und Denkanstoss zur Verfügung gestellt werde, um sie für den «verantwortungsvollen Umgang mit Sprache» zu sensibilisieren.
Gegenüber dem Portal «Meedia» doppelt ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab nach: «Jeder darf so reden, wie er oder sie möchte. Die Ausführungen von Frau Dr. Wehling nutzen wir dazu, um uns klarer zu werden, was Sprache bewirken kann.» Framing sei etwas, das unser Gehirn laufend selbst tue. Dass dieser Begriff eher negativ konnotiert sei, kommentiert Pfab so: «Der Begriff ist nun mal da. Es geht darum zu erkennen, wie Sprache einen Kontext transportiert.» Und um diesen Prozess besser zu verstehen, hätten sie die Sprachforscherin Elisabeth Wehling gebeten, (...) zu analysieren, «wie Dritte über uns reden und wie wir selbst über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommunizieren».
SRF bietet Kurse für den Umgang mit Sprache an
Wäre ein ähnliches Papier auch beim Schweizer Fernsehen denkbar? «SRF hat für die Mitarbeitenden sehr viele interne Ausbildungsangebote mit dem übergeordneten Ziel, eine hohe Qualität bei der Produktion von SRF-Programmen zu gewährleisten», sagt SRF-Sprecher Stefan Wyss auf Anfrage. «Dazu gehören unter anderen auch Kurse, die sich dem Umgang mit Sprache widmen. Aber nicht in dem Sinne, wie man über das eigene Unternehmen redet, sondern wie man für einen Beitrag richtig formuliert. Selbstverständlich stehen den Mitarbeitenden viele Angaben zum Unternehmen zur Verfügung, falls sie diese brauchen», so Wyss weiter. (wyt)