Die Sendung «Danke, Kurt Aeschbacher», die letzten Sonntag fast eine halbe Million Zuschauer vor den Bildschirm lockte, war nicht nur liebevoll gemacht, sie zeigte auch, wie bunt und provokativ das Fernsehen mit Kurt Aeschbacher (70) einst war, als es noch Tabus zu brechen gab. Immer wieder prangerte er Ungerechtigkeiten an: Den grössten Streit handelte er sich im November vor 30 Jahren ein, als die streitbare Theologin Uta Ranke-Heinemann (heute 91) Gast in seiner Sendung «Grell-pastell» war. Sie bezichtigte den Papst des Mordes, weil er mitten in der Aids-Epidemie ein striktes Kondom-Verbot propagierte.
«In der Folge entlud sich eine Beschwerdeflut gegen mich und das Fernsehen, diskret unterstützt und instrumentalisiert von den konservativen Kreisen der damaligen Bischofskonferenz», erinnert sich Aeschbacher. Sowohl die unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) sowie das Bundesgericht beurteilten die Sendung als Konzessionsverletzung. «Man rügte mich, unsorgfältig gehandelt zu haben, und stellte sogar infrage, ob ich überhaupt eine ausgewogene Diskussion führen kann.» Sein Gegenspieler war der damalige Vertreter der Bischofskonferenz, Pater Roland-Bernhard Trauffer (73).
Versöhnung während Sendung lief
Was viele Zuschauer am Sonntag nicht ahnen konnten: Während die Aufzeichnung lief, sass jener Dominikaner, der in der «Causa Aeschbi» federführend war, beim TV-Talker zu Hause am Esstisch. Es kam zur Versöhnung. «Es wurde ein harmonischer Abend, ohne religiöse Zwistigkeiten – von tiefer Menschlichkeit geprägt», erzählt Aeschbi.
Betroffen machte Aeschbacher, dass er einen Mann vorfand, der heute schwer krank ist, aber nicht klagt. Trauffer leidet seit Jahren an spastischer Spinalparalyse, die sich in fortschreitender Lähmung äussert und letzten Endes zum Tod führt. Er kann inzwischen nur noch schlecht sprechen. Heute lebt er in bescheidenen Verhältnissen in Guatemala und setzt sich unermüdlich für die Maya ein.
Zum Schluss gab es Tränen
Aeschbacher erklärt, warum ihn die Sache einst so aufwühlte: «Es verging damals kaum ein Monat, an dem ich nicht einen Freund oder Bekannten wegen Aids zu Grabe trug oder sterbende Kollegen im Spital besuchte.» Und so kamen an diesem Abend verschiedene Dinge zusammen: ein Rückblick, ein Kirchenskandal am Bildschirm – und etwas Verbindendes: «Die Begegnung mit einem Menschen, dessen Körper zunehmend gelähmt ist, einst mächtig, heute aber bescheiden seine Aufgabe in Guatemala gefunden hat.»
Und während sich am Bildschirm der Applaus über Aeschbi ergoss, wurde es bei ihm zu Hause ein bisschen traurig. «Nach unserem Abschied liefen mir die Tränen übers Gesicht. Und ich entschied mich als Atheist, als Gebot der Menschlichkeit, seine Bemühungen zu unterstützen, den jungen Maya eine Ausbildung zu ermöglichen.»