Das Schweizer Fernsehen bekommt Konkurrenz – ausgerechnet von 3+. Klammheimlich arbeitete der Privatsender seit Monaten an einer ambitionierten Krimiserie, die wie das SRF-Prestigeformat «Wilder» in den Bergen spielt.
Erst vor ein paar Wochen wurde die Pilotfolge «Bernegger & Juric» in Bergün GR und im Val Müstair abgedreht. Die erste Episode wird bereits im Winter 2018 ausgestrahlt und dauert 60 Minuten. Der Clou: 3+ konnte den «Lüthi und Blanc»-Bösewicht Gilles Tschudi (61) gewinnen. «Ich spiele den zwielichtigen Geschäftsmann Urs Wendler, der im Dorf die Fäden in der Hand hat», verrät Tschudi. Er unterstütze das Projekt, weil die Crew jung und innovativ sei. «Wir hatten eine wunderbare Stimmung am Set», sagt der ehemalige SRF-Star.
Bis auf die Berge gibt es keine Gemeinsamkeiten
Blut und Mord vor alpiner Traumkulisse – das erinnert stark an «Wilder». Hat sich 3+ beim grossen Bruder bedient? «Als wir letzten Herbst, gerade nachdem unsere zweite Drehbuchfassung fertig geschrieben war, erfahren haben, dass ‹Wilder› in den Bergen spielt, sind wir schon ein bisschen erschrocken», sagt Senderchef Dominik Kaiser (48). Wir haben dann aber schnell gesehen, dass wir eine komplett andere Geschichte erzählen und es bis auf den Schauplatz Berge keine Gemeinsamkeiten gibt.»
So kontrastiert der ewige Schurke Tschudi mit Newcomerin Tanja Lehmann (29), welche die überkorrekte, aber schöne Ermittlerin Eva Bernegger spielt, die soeben aus der Polizeischule entlassen wurde. Sie ist bereits aus der SRF-Serie «Best Friends» bekannt. Ihr Chef Nikola Juric, verkörpert vom Schweizer Seriendarsteller Christian Martin Schäfer (38), ist eigentlich ein brillanter Kommissar, wird aber zu seinem Unmut nach einem Disziplinarverfahren in das verschlafene Bergdorf versetzt. Der heimliche Star der Serie könnte aber ein Mops werden, welcher das Zeug zum Label hat: Er heisst Armani.
Pilotfilm kostete 400'000 Franken
Fiktion ist teuer – und 3+ fehlen auch die Gebührengelder. «Deshalb haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren viel recherchiert und intensiv darüber nachgedacht, wie man auch Fiktion im Rahmen unserer Budgets produzieren könnte und der Zuschauer den gewohnten Production Value zu sehen bekommt», erklärt Kaiser.
Man habe den Pilotfilm, der 400'000 Franken kostete, zu einem grossen Teil aus dem Marketing- und Entwicklungsbudget finanziert. «Wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden. Es ist auch eine Investition in die Zukunft.» Zum Vergleich: «Wilder» kostete 700'000 Franken pro Folge.
Tschudi kann böse Gefühle im Beruf ausleben
Dass er wieder einmal den Schurken spielen muss, stört Gilles Tschudi nicht, im Gegenteil. «Provozierende Charaktere zu verkörpern, ist spannender», meint er. Er stehe zu seiner Widersprüchlichkeit. «Ich behaupte nicht, dass ich ein Gutmensch bin. Wenn ich einen Bösen spielen will, muss ich diese schlechten Energien spüren. Ich verdränge sie im Gegensatz zu vielen anderen nicht. Und muss sie dadurch im Privatleben nicht so sehr ausleben.
Gilles Tschudis Spiel wird für dunkle Wolken über Bergün sorgen. Wolken, die uns erschauern lassen. Für Krimifans hoffentlich ein heiterer Genuss.