BLICK: Sie machen neu eine Krimiserie. Welche Strategie steckt dahinter?
Dominik Kaiser: Das Ziel der 3+ Sendergruppe ist es, in den nächsten Jahren weiter zu wachsen und noch mehr Zuschauer für die drei Sender 3+, 4+ und 5+ zu gewinnen. Wir testen darum konstant neue Programme. Was funktioniert, wird ausgebaut. Was nicht funktioniert, wird angepasst, bis es funktioniert – oder aus dem Programm genommen. Unsere Schweizer Produktionen laufen im Schnitt deutlich besser als unsere anderen Sendungen. Deshalb bauen wir den Anteil der Schweizer Produktionen in der Primetime auf 3+ von heute 40 Prozent auf 50 Prozent im Jahr 2019 aus. Neben diversen neuen Dokusoaps ist nun Fiktion der nächste Schritt in unserer Entwicklung. Der Krimi der erste Test.
Es ist das erste selbst realisiert Fiktionsprojekt von 3+. Ziele?
Fiktionale Produktionen sind, wenn man diese auf normale Art und Weise produziert, zu teuer für uns. Deshalb haben wir die letzten zweieinhalb Jahre viel recherchiert und intensiv darüber nachgedacht, wie man auch Fiktion im Rahmen unserer Budgets produzieren könnte und der Zuschauer den gewohnten Productionvalue zu sehen bekommt. Daraus haben wir eine Produktionsmethode entwickelt, die uns erlaubt, die Produktionskosten deutlich zu senken. Der Pilot unseres Krimis ist nun der erste Test dieser neuen Produktionsmethode. Der Dreh ist mittlerweile abgeschlossen, und wir sind im Schnitt und der Veredelung. Wir haben viel gelernt und sind mit dem Resultat sehr zufrieden. Der nächste Test ist nun, ob der Krimi, die Schauspieler, die Charaktere, die Geschichte, die Machart beim Publikum ankommt. Denn: Wir machen Unterhaltung für das Publikum, das Publikum hat immer recht. Wir sind sehr gespannt.
Wie finanzieren Sie das ganze Ding?
Wir finanzieren uns komplett ohne Gebührengelder. Da die Einnahmen, die wir über Werbung, Sponsorings und Weiterlizenzierungen in einem kleinen Land wie der Schweiz generieren können, begrenzt sind, zahlen wir den Piloten unseres Krimis zu einem grossen Teil aus dem Marketing- und Entwicklungsbudget. Nur mit den erwähnten Einnahmen wäre die Produktion nicht refinanzierbar. Auch mit unserer neuen, günstigeren Produktionsmethode hat diese erste Pilot-Folge knapp 400’000 Franken gekostet. Es ist eine Investition in die Zukunft.
Warum gerade eine Krimiserie?
Der Krimi ist seit Jahrhunderten das beliebteste Genre in der Unterhaltung, sei es in Büchern, Theaterstücken und Hörspielen – oder heute eben auch im Fernsehen und auf Online-Streaming-Plattformen. Es macht deshalb Sinn, mit Fiktion in dem Genre anzufangen, das beim breiten Publikum am beliebtesten ist. Es kommt dazu, dass Krimis meiner Meinung nach einfacher zu entwickeln sind als Comedy und einfacher zu produzieren sind als Spital- und Ärzteserien.
Es gibt zwei Trends: Krimiserien, die in unverwechselbaren Landschaften spielen und Krimi-Komödien. Wie wird die Ihre?
Krimigenres gibt es neben den oben erwähnten noch viele weitere. Krimis, bei denen die Pathologie eine sehr grosse Rolle spielt. Da wird detailgetreu beschrieben, wie der Täter starb und daraus abgeleitet, wer der Täter ist. Dann gibt es Krimis mit einem sehr hohen Actionanteil. Oder Krimis mit brillanten Detektiven, die fast übermenschliche Denkfähigkeiten haben. Es gibt aber auch Krimis mit einem Ermittlerduo – und so einen machen wir. Eine Kommissarin und ein Kommissar, zwei sehr unterschiedliche Charaktere, ermitteln im ersten Fall zusammen. Sie gewöhnen sich nur langsam aneinander, zanken und reiben sich, sind aber zusammen in der Arbeit top. Natürlich spielt der Krimi in der Schweiz – und bei uns ist es einfach sehr schön.
Kopieren Sie «Wilder»?
«Wilder» ist eine tolle Serie. Aber wieso sollten wir eine Serie kopieren, die es schon gibt? Wir wollen einen Krimi produzieren, der gut zu unserem bestehenden Programm passt und der für den Sender 3+ steht. Aber als wir letzten Herbst, gerade nachdem unsere zweite Drehbuchfassung fertig geschrieben war, erfahren haben, dass Wilder in den Bergen spielt, sind wir schon ein bisschen erschrocken. Wir haben dann aber schnell gesehen, dass wir eine komplett andere Geschichte erzählen und es bis auf den Schauplatz, die Berge, keine Gemeinsamkeiten gibt.
Sie haben schon mit «Bachelor/Bachelorette» gezeigt, dass Sie SRF konkurrenzieren können. Hoffen Sie, das auch mit der Krimiserie zu tun?
Wir orientieren uns nicht an Konkurrenzsendern, wir fokussieren uns komplett auf die Zuschauer. Sie alleine sind entscheidend für den Erfolg unserer Programme. Der Krimi ist ein erster Versuch, tolle Fiktion hochwertig und mit vernünftigem Budget zu produzieren. Wir wollen bei diesem Test viel lernen. Und es beim nächsten Mal besser machen und weiterlernen, bis es gut funktioniert, produktionstechnisch und bei den Zuschauern. Dieser Prozess wird wahrscheinlich ein paar Jahre dauern. Es ist für uns eine Investition in die Zukunft.
Glauben Sie, den zum Teil durchschlagenden Erfolg von SRF-Serien annähernd erreichen zu können?
Selbstverständlich hoffen wir, dass wir früher oder später auch mit fiktionalen Schweizer Programmen hohe Zuschauerzahlen erreichen werden. Es ist aber nicht das Ziel, gleich beim ersten Mal alle in den Schatten zu stellen, wie wir das mittlerweile mit den Formaten «Der Bachelor» oder «Die Bachelorette» regelmässig tun. Im Moment geht es darum, möglichst viel zu lernen.
Gilles Tschudi spielt den Bösewicht. Was prädestiniert ihn für die Rolle?
Gilles Tschudi ist einer der besten Schauspieler der Schweiz. Als Bösewicht hat er uns im Casting sofort überzeugt. Dass er bei unserem Krimi mitmacht, hat uns extrem gefreut. Und er hat seine Rolle brillant gespielt.
Das Gesicht von Tschudi wird von den Zuschauern immer noch stark mit der SRF-Serie «Lüthi und Blanc» verbunden. War das kein Problem für Sie?
Nein, das war kein Problem für uns.
Die Kommissare sind offenbar beide jung. Passend zu Ihrem angestammten Zielpublikum?
Genau, die beiden Ermittler sind jung und um die 30 – im realen Leben ist sie 29, er 38.
Das zeitverschobene Anschauen von Serien ist heutzutage sehr wichtig. Welche Pläne haben Sie nebst linearer Ausstrahlung?
Wie alle unsere anderen Schweizer Programme kann man den Krimi nach der TV Ausstrahlung auf 3+ jederzeit online gucken. Auch haben wir Kontakte zu diversen Streaminganbietern, die Interesse haben, uns die Rechte abzukaufen. Wir haben aber noch nicht entschieden, ob und wem wir die Rechte verkaufen. Auch in diesem Bereich möchten wir im Moment möglichst viel experimentieren und lernen, bevor wir uns für eine langfristige Strategie entscheiden.
Ist die Serie in sich abgeschlossen – oder bietet sie bereits Hand für mögliche Fortsetzungen?
Die Krimifolge ist in sich abgeschlossen. Der Fall ist am Schluss der Folge gelöst. Kommt der Krimi beim Publikum sehr gut an, sind weitere Folgen mit den beiden Kommissaren oder auch dem Bösewicht geplant. Material haben wir genug. Für einen zweiten Fall steht auch der Plot schon. Das Ziel sind mittelfristig vier bis sechs fiktionale Folgen pro Jahr.
Sie sind mit den Filmverleihern gut vernetzt. Gibt es bereits Interesse/Anfragen aus dem Ausland?
Wir wollen den Krimi erst komplett fertigstellen, bevor wir ihn ausländischen Partnern zeigen. Dies auch, weil wir bei der Fortsetzung der Krimiserie oder bei weiteren fiktionalen Projekten mit ausländischen Partnern zusammenarbeiten wollen. Trotzdem gibt es jetzt schon Interesse aus dem Ausland an unserem Krimi wie auch an unserer innovativen Produktionsmethode. Und auch Angebote für Vertriebsdeals haben wir schon erhalten.