«Ich bin noch in der Gegenwart, lebe aber von den Erinnerungen», sagte die vorgestern im Alter von 87 Jahren verstorbene TV-Legende Alfred Biolek in einem seiner letzten Interviews. Vielleicht zog sich Biolek in die Vergangenheit zurück, weil er das heutige Fernsehen nicht mehr aushielt. Einen wie ihn sucht man heute vergebens.
Der studierte Jurist war nicht galant-anzüglich wie Hans-Joachim Kulenkampff, konnte nicht singen wie Sonnyboy Peter Alexander oder quasseln wie Thomas Gottschalk. Alfred Biolek guckte in seinen Talkshows stets freundlich durch seine runde Brille, wirkte oft etwas ulkig und zerstreut. Aber er lockte auch die Gebildeten vor die Glotze. Das konnte nicht jeder.
Als Kinder staunten wir über seine vielen Ideen im Klassiker «Am laufenden Band» mit Rudi Carrell. Wir wussten nicht, dass er der Produzent der Sendung war. 1978 erfand er «Bio's Bahnhof». Noch nie zuvor war TV so mutig und anarchisch. Bio wurde populär, als noch niemand von Bio sprach. Seine Kochsendungen, bei denen stets mit einem feinen Tropfen angestossen wurde, waren gesellschaftliche Treffen und keine Rührstunden nach Rezept.
Dass früher trotzdem nicht alles besser war, zeigte sich daran, dass Bio einmal sagte, er habe mit seiner Mutter nie über sein Schwulsein reden können. Filmemacher Rosa von Praunheim hatte ihn 1991 geoutet. Auch wenn ihm das zuerst den Boden unter den Füssen wegzog, hat es seiner Popularität nicht geschadet. Im Gegenteil. Bio wird uns auch nach seinem Tod als gepflegter Fernsehmacher im Gedächtnis bleiben. Als einer, der eine Qualitätsmarke erfunden hat. Bio eben.