Beziehung? Nein danke!: Die Generation Y, die Generation der 25 bis 40-Jährigen, wird in der Popkultur gerne als beziehungsunfähig bezeichnet. Schweizer Prominente wie Sänger Bastian Baker (28) und Model Manuela Frey (23) leben es vor: Die beiden sind zwar zusammen, bestehen aber darauf, kein Paar zu sein. Zu gross scheint die Angst, sich festzulegen. Im BLICK-Interview erklärt Silvia Fauck (63), psychologische Beraterin und Beziehungscoach, passend zum Valentinstag, was die Gründe für diese Angst vor Nähe sind.
BLICK: Frau Fauck, warum haben junge Menschen heute grosse Mühe sich zu binden?
Silvia Fauck: Diese Generation wurde zur Selbstständigkeit und Selbstverwirklichung erzogen. Frauen und Männer machen beide Karriere und verdienen ihr eigenes Geld. Keiner möchte mehr Verantwortung übernehmen für den Partner. Man zieht weniger zusammen und bezahlt auch getrennt. Hinzu kommt, dass Dates auf Sozialen Netzwerken ständig und überall verfügbar sind.
Dating-Plattformen wie Tinder und Co. sind also Mitschuld?
Ja, deren Einfluss ist sehr gross. Ich sehe Tinder und all diese Anbieter als sehr negativ. Die Leute sitzen zuhause vor dem PC oder hängen am Smartphone und suchen sich so einen Partner. Im Gegensatz zum echten Leben verliebt man sich so höchstens ins Schreiben. Es kann schnell eine Illusion des Gegenübers aufgebaut werden, die mit der Wahrheit im schlimmsten Fall nichts zu tun hat und die Enttäuschung ist nachher umso grösser. Tinder gibt einem zudem dieses Supermarktgefühl: Man kann potenzielle Partner hin und her schieben und was einem nicht schmeckt einfach zurücklegen. Das nächste Angebot wartet ja schon um die Ecke.
Führt diese ständige Verfügbarkeit von Dates zu einer Übersättigung, so dass Junge die Lust auf Beziehung verlieren?
Ja, man wird beziehungsmüde. Die Suchenden verlieren die Lust auf etwas ernstes. Dank den Dating-Apps läuft ihnen ja auch nichts weg. Sie können sie sich immer wieder frei bedienen.
Andere sind zwar mit jemandem zusammen, meiden aber strikt das Label ein Paar zu sein. Wie wirkt sich das auf die eigene Beziehungsfähigkeit aus?
Ebenfalls sehr negativ. Man weigert sich ja damit, sich wirklich auf einander einzulassen und festzulegen. Man hat Angst, sich so die Chance auf etwas besseres zu nehmen. Aber das ist ein Trugschluss, weil man so Gefahr läuft, rastlos suchend zu bleiben.
Klingt nach einem Teufelskreis. Wie schafft man es da raus?
Man muss stark und mutig sein und sich zwingend mit den vergangenen Beziehungen auseinander setzen. Die alten Sachen müssen aufgearbeitet sein, bevor man sich auf eine neue Partnerschaft einlassen kann. Sonst fährt man mit angezogener Handbremse durchs Beziehungsleben und kommt denkbar schlecht um die Kurven.
In welcher Form wirkt sich diese Unverbindlichkeit in der Liebe auf das Schlussmachen aus?
Gar nicht gut. Da das Angebot immer offen ist, ist auch beim Beenden der Beziehung alles erlaubt, haben viele das Gefühl. So macht man schnell mal per SMS Schluss oder meldet sich einfach nie wieder - das berühmte Ghosting. Das führt beim Verlassenen zu einem Trauma und dieser will sich dann erst recht nicht mehr binden.
Was kann man als Betroffener tun, um wieder eine gesunde Beziehung zu führen?
Ich rate Singles, die jemanden getroffen haben, den sie mögen, das Abenteuer Beziehung zu wagen. Schief gehen kann immer was. Aber wie heisst es so schön: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.